Stellungnahme

BV-Stellungnahme zur Vereinheitlichung des Vergaberechts

 „Anrede,

Die kommunalen Spitzenverbände plädieren unverändert dafür, die bislang in der VOB/A geregelten Bauvergaben – unter ausdrücklicher Beibehaltung der VOB/B und der VOB/C – in eine einheitliche Verga-beverordnung zu integrieren. Es muss gelten: „Gleiche Verfahrensre-geln für gleiche Sachverhalte!“.

Tatsächliche Besonderheiten, die eigenständige Sonderregelungen für Bauvergaben erfordern, können in einem gesonderten Abschnitt der Vergabeverordnung (VgV) bzw. der Unterschwellenvergabeord-nung (UVgO) Berücksichtigung finden.

Es bedeutet für die über 11.000 kommunalen Vergabestellen in Deutschland weiterhin eine deutliche Erschwernis in der praktischen Anwendung, wenn für die Vergabe von Bauleistungen nach der VOB/A auf der einen Seite und für die Vergabe von Liefer- und Dienst-leistungen auf der anderen Seite selbst dann unterschiedliche Regeln und Verfahren zur Anwendung kommen, wenn gleiche Sachverhalte vorliegen. Die kommunalen Spitzenverbände, deren Mitglieder für den Großteil der öffentlichen Beschaffungen in Deutschland stehen, spre-chen sich daher ausdrücklich für eine weitere Vereinheitlichung und Entbürokratisierung des Vergaberechts durch Einbeziehung auch der Bauvergaben in die VgV aus. Insoweit erwarten wir von der Arbeits-gruppe zeitnah greifbare Ergebnisse.

Die Politik sowie die Bauwirtschaft können nicht einerseits schnellere und unbürokratischere öffentliche Beschaffungen – gerade beim wichtigen Thema des Bauens – anmahnen, den Kommunen aber an-gemessene Instrumente verweigern.

Zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen nehmen wir wie folgt Stel-lung:

Frage 1:
Halten Sie, soweit Sie die Verfahrensprozesse des DVA kennen, Änderungen an diesen im DVA bei der Weiterentwicklung der VOB/A EU und VOB/A 1. Abschnitt für wünschenswert? Halten Sie Änderungen der Verfahrensprozesse bei der Weiterentwicklung von VgV und UVgO für wünschenswert?

Antwort:
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände spricht sich angesichts der intransparenten und demokratisch nicht legitimier-ten Abstimmungsprozesse des DVA nachdrücklich für Anpassungen aus. Die Regelungen der VOB werden seit langem vom paritätisch von Auftraggebern und Auftragnehmern besetzten DVA, der als privater Verein (e.V.) agiert und insoweit als „quasi-Gesetzgeber“ fungiert, ver-abschiedet. Für den Teil B (Vertragsbedingungen) und den Teil C (Technische Normen) der VOB hat sich diese Praxis durchaus bewährt und kann auch in Zukunft beibehalten werden. In diesen Fällen ist die Einbindung der Expertise der beteiligten Verbände insbesondere bei technischen Normen durchaus sinnvoll.

Anders zeigt sich der Fall jedoch bei den in der VOB/A niedergelegten Verfahrensregeln für die Vergabe von Bauleistungen. Beim A-Teil der VOB handelt es sich um Verfahrensrecht für die öffentlichen Auf-traggeber. In keinem anderen Verwaltungsbereich kann die Wirtschaft die Abwicklung von Verwaltungsverfahren mitbestimmen. Problema-tisch zeigt sich in diesem Zusammenhang, dass die Verbände der Bauwirtschaft im DVA gemeinsam de facto über ein Vetorecht verfü-gen und von der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Kommunen) ge-wünschte Änderungen und Modernisierungen der Vergaberegeln in der Vergangenheit immer wieder verhindert haben. Vor diesem Hinter-grund bedarf es einer Anpassung der Abstimmungsstrukturen inner-halb des DVA. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver-bände spricht sich insbesondere für folgende Änderungen aus:

    Die Stellung der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Kommunen) muss mit Blick auf Abstimmungen innerhalb des DVA deutlich ge-stärkt werden. Der Bauwirtschaft darf künftig keine Verhinderungs-macht mehr zukommen. Wenn Bund, Länder und Kommunen ein-hellig für Verfahrensänderungen eintreten, müssen diese durch-setzbar sein. Grund ist, dass Abstimmungen zu Änderungen der VOB/A das Verfahrensrecht der öffentlichen Auftraggeber betreffen. In diesem Zusammenhang fordern die kommunalen Spitzenver-bände die Aufnahme des Deutschen Landkreistages in den DVA mit Stimmrecht im Vorstand und HAA.

    Mit Blick auf zukünftige Abstimmungsprozesse innerhalb des DVA dürfen Enthaltungen nicht mehr als Nein-Stimmen gewertet wer-den.

    Änderungen des Beschlussverfahrens: Bei Beschlussfassungen innerhalb des DVA ist festzulegen, dass Beschlüsse nicht mehr mit 3/4-Mehrheit der anwesenden ordentlichen Mitglieder gefasst wer-den, sondern zukünftig mit einer 2/3-Mehrheit. Das Quorum ist ent-sprechend anzupassen.

Frage 2:
Nennen Sie bitte die fünf aus Ihrer Sicht wichtigsten Themen, bei denen zwischen den Vorschriften zur Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen und denen zur Vergabe von Bauleistungen Unter-schiede bestehen, die aus Ihrer Sicht in der Praxis am meisten stö-ren.

Antwort:
Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände bedarf es insbesondere zu folgenden Themenfeldern einer inhaltlichen Anpassung:

1. Nachfordern von Unterlagen
Die Regelung zum Nachfordern von Unterlagen, welche die VOB/A in § 16 a EU weiterhin verpflichtend vorgibt, steht in direkten Wider-spruch zu den EU-Vergaberichtlinien, die dem öffentlichen Auftragge-ber insoweit ein Ermessen einräumen. Durch die abweichende Rege-lung in der VOB/A können sich Bieter bei Bauvorgaben immer auf ei-ne Nachforderung verlassen und werden – zum Nachteil der öffentli-chen Hand – nicht zu einer sorgfältigen Angebotserstellung angehal-ten. Sie können Angebote sogar aus taktischen Gründen unvollstän-dig abgeben, um die Bindefrist ihrer Angebote später unterlaufen zu können. Mit Blick auf die „Kann-Regelung“ in der VgV bzw. der UVgO ist eine Anpassung dringend erforderlich.

2. Zulassung von Nebenangeboten
Die Voraussetzungen zur Wertung von Nebenangeboten sind in § 8 Abs. 2 VOB/A sowie in § 25 Abs. 1 UVgO nach wie vor unterschiedlich geregelt. Während in der UVgO die Auftraggeber Nebenangebote zu-lassen können, verlangt die VOB/A-Regelung, dass der Aufraggeber anzugeben hat, ob er Nebenangebote nicht zulässt bzw. ob er Neben-angebote ausnahmsweise nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zulässt. Werden folglich bei Bauvergaben in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe keine Aussagen zu Ne-benangeboten getroffen, ist von deren Zulässigkeit auszugehen. Fehlt hingegen nach der UVgO eine entsprechende Angabe in der Be-kanntmachung oder den Vergabeunterlagen, sind keine Neben-angebote zugelassen.

3. e-Vergabe
Die Vorgaben zur Einführung der elektronischen Auftragsvergabe sind im Liefer- und Dienstleistungsbereich auf der einen Seite sowie im Baubereich auf der anderen Seite unterschiedlich geregelt. Die VOB/A sollte kurzfristig dahingehend weiterentwickelt werden, dass elektronische Angebote (auch) angenommen werden müssen, die Textform sollte dabei zum Standard erhoben werden (§13 Abs. 1 VOB/A).

4. Eignungsprüfung
Während bei der Eignungsprüfung im Liefer- und Dienstleistungsbe-reich ein Auftraggeberermessen besteht, weichen die §§ 6 a VOB/A und 6 a VSVgV von diesem Grundsatz ab. Hier ist eine Vereinheitli-chung mit den Regelungen der VgV bzw. der UVgO dringend geboten.


5. Unterauftragsvergabe
Über den Einsatz, die Benennung, die Eignung und Ablehnung von Unterauftragnehmern finden sich in der VOB/A keine hinreichenden Regelungen. Eine Anpassung an die Vorschriften der §§ 36 VgV bzw. 26 UVgO sind erforderlich.

Wir möchten Sie bitten, die vorstehenden Hinweise in die weitere Ar-beit der Arbeitsgruppe zur Vereinheitlichung des Vergaberechts ein-fließen zu lassen und mit Blick auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu berücksichtigen. Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände ist es zwingend erforderlich, dass zukünftig bei der öffentlichen Auftrags-vergabe sowohl im Bereich der Bauvergaben als auch im Bereich von Liefer- und Dienstleistungen gleiche Sachverhalte auch gleich gere-gelt werden.

Mit freundlichen Grüßen“

Anmerkung des DStGB:

Nach der Sommerpause wird die Arbeitsgruppe zur Vereinheitlichung des Vergaberechts nochmals tagen. Die endgültige Entscheidung zur zukünftigen Struktur des Vergaberechts bleibt daher abzuwarten.

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