Urteil

OLG München: Eignungskriterien werden durch pauschalen Verweis nicht wirksam bekannt gemacht

Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) will im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ein neues IT-System anschaffen und schreibt die Leistungen im Amtsblatt der Europäischen Union aus. In der Bekanntmachung heißt es, nach einem Teilnahmewettbewerb würden drei geeignete Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert. Bei mehr als drei geeigneten Bietern würden die drei Bieter mit den meisten Eignungspunkten zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Sodann verweist der AG für die Eignungskriterien zum Nachweis der Befähigung, der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit sowie der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit auf die unter einem Link abrufbaren Auftragsunterlagen.

Bieter B bewirbt sich um die Teilnahme, erhält jedoch vom Auftraggeber die Nachricht, mangels Eignungsnachweis nicht zur Teilnahme zugelassen zu werden. Hiergegen wendet sich B mit der Begründung, die Referenzen seien nicht korrekt bewertet worden. Zudem seien die Eignungskriterien nicht in der Bekanntmachung oder einem direkten Link veröffentlicht worden. Auf den Rechtsbehelf von B untersagt die Vergabekammer dem Auftraggeber, den Zuschlag zu erteilen, und hebt das Vergabeverfahren auf. Der Auftraggeber legt hiergegen Beschwerde ein.

Entscheidung

Das OLG bestätigt die Entscheidung der Vergabekammer. Die Eignungskriterien seien nach dem eindeutigen Wortlaut des § 122 Abs. 4 Satz 2 bzw. § 48 Abs. 1 VgV aufzuführen. Der potenzielle Bieter müsse aus der Bekanntmachung ersehen können, ob er sich am Wettbewerb beteiligen könne und wolle. Vorliegend werde der Bewerber jedoch erst auf eine Plattform mit mehreren Vergabeverfahren geleitet und müsse sich dort umständlich die Kriterien heraussuchen und herunterladen. Dies sei mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Die Vorgaben des nach der EU-Durchführungsverordnung gestalteten Formblatts zur Bekanntmachung und dessen EDV-technische Umsetzung führten zu keinem anderen Ergebnis. EDV-technische Beschränkungen können rechtliche Anforderungen nicht außer Kraft setzen. Das Verfahren sei in den Zustand vor Auftragsvergabe zurückzusetzen, weil die Auswahl der Teilnehmer unmittelbar mit der Eignungsprüfung verknüpft worden sei. (Quelle: IBR2019, 334)

Anmerkung des DStGB


Vergabeunterlagen müssen klar und transparent sein. Jeder Bieter muss die Eignungskriterien auf den ersten Blick erfassen können. Wie diese Anforderungen bei der elektronischen Vergabe im Internet im Umgang mit Links umzusetzen sind, wird nach einer Reihe von Entscheidungen immer klarer, auch wenn im Einzelnen noch Fragen offen sind. Ein Link auf die Vergabeunterlagen insgesamt genügt jedenfalls nicht (so schon das OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018). Allenfalls eine direkte Verlinkung auf das Formblatt mit den Eignungskriterien wird für zulässig gehalten.

Der vorliegende Beschluss macht darüber hinaus Selbstverständliches deutlich: Die elektronische Datenverarbeitung hat nur dienende Funktion. Lässt die IT das rechtlich Gebotene nicht zu, ist sie an das Recht und nicht das Recht an die IT anzupassen. Technische Beschränkungen können daher nicht zur Rechtfertigung dienen, von rechtlichen Vorgaben abzuweichen.

k2Ad

Hilfe zur Barrierefreiheit

  • Allgemein

    Wir sind bemüht, unsere Webseiten barrierefrei zugänglich zu gestalten. Details hierzu finden Sie in unserer Erklärung zur Barrierefreiheit. Verbesserungsvorschläge können Sie uns über unser Feedback-Formular Barriere melden zukommen lassen.

  • Schriftgröße

    Um die Schriftgröße anzupassen, verwenden Sie bitte folgende Tastenkombinationen:

    Größer

    Strg
    +

    Kleiner

    Strg
  • Tastaturnavigation

    Verwenden Sie TAB und SHIFT + TAB, um durch nächste / vorherige Links, Formularelemente und Schaltflächen zu navigieren.

    Verwenden Sie ENTER, um Links zu öffnen und mit Elementen zu interagieren.