Im zugrunde liegenden Sachverhalt schrieb der Auftraggeber im Rahmen eines europaweiten Offenen Verfahrens IT-Leistungen aus. Das Dokument „Angebotsvordruck“ forderte an einer genau bezeichneten Stelle ausdrücklich eine elektronische Signatur. Neben dem Angebotsvordruck waren noch ein Preisblatt und eine Erklärung über soziale Nachhaltigkeit abzugeben, die jedoch nicht unterzeichnet werden mussten. Ein Bieter leistete im Angebotsvordruck nicht die geforderte elektronische Signatur, übersandte jedoch mit Einreichung des Angebots ein Anschreiben, das in der geforderten Weise elektronisch signiert war. Der Auftraggeber forderte die nicht ordnungsgemäß geleistete Signatur im Anschluss an ein Nachprüfungsverfahren vor der VK Bund nach. Hiergegen wandte sich der ursprünglich für den Zuschlag vorgesehene Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens.
Entscheidung:
Das OLG Düsseldorf hat klargestellt, dass die Nachforderung einer fehlenden beziehungsweise nicht formgültig geleisteten elektronischen Signatur vergaberechtlich nicht zulässig ist. Die Möglichkeit, eine Unvollständigkeit im Angebot zu heilen, gilt nur für fehlende Erklärungen und Nachweise. Hieraus folgt, dass zwar die fehlende Unterschrift unter einer dem Angebot beigefügten Erklärung, nicht aber die fehlende Unterschrift unter dem Angebot beziehungsweise dem Angebotsschreiben selbst vom Auftraggeber nachgefordert werden kann.
Nach Ansicht des Senats handelte es sich bei dem Angebotsvordruck nicht um eine Erklärung oder um einen Nachweis. Zudem waren dem Angebot sämtliche Erklärungen und übrigen Nachweise beigefügt. Im zugrunde liegenden Fall hatte die Beschwerde gleichwohl keinen Erfolg, weil das OLG Düsseldorf im Ergebnis zu der Auffassung gelangt war, dass die im Anschreiben vom Bieter außerhalb des Angebotsvordrucks geleistete Signatur im Wege der Auslegung so zu verstehen sei, dass diese den gesamten Angebotsinhalt umschließt.
Anmerkung:
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist schlüssig und nachvollziehbar. Eine fehlende Unterschrift unter einem Angebot beziehungsweise Angebotsschreiben kann grundsätzlich nicht nachgeholt werden. Gleichwohl bleibt mit Blick auf die neuen Regelungen der Vergabeverordnung (VgV 2016) offen, wie zukünftig die vergaberechtliche Rechtsprechung zu Einzelfällen entscheiden wird. Hintergrund ist, dass § 56 Abs. 2 VgV eine recht weit gefasste Formulierung beinhaltet. Demnach können zukünftig fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen „nachgereicht, vervollständigt oder korrigiert“ werden.
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