Kommunalfinanzen

Wachstumschancengesetz legt Axt an die Kommunalfinanzierung

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat zu den jeweiligen Referentenentwürfen aus dem Bundesministerium der Finanzen Stellung genommen und die damit einhergehenden hohen Steuerausfälle klar zurückgewiesen. Bereits für das laufende Jahr rechnen die kommunalen Spitzenverbände mit einem Defizit von 6,4 Mrd. Euro. Das Defizit geht etwa je zur Hälfte auf die hohen kommunalen Ausgabenbelastungen und die im Jahr 2022 beschlossenen Steuerentlastungen des Inflationsausgleichs- und des Jahressteuergesetzes zurück. Für die kommenden Jahre werden weiter ansteigende Defizite zwischen 8,2 und 9,6 Mrd. Euro erwartet. Die jetzt geplanten Steuermindereinnahmen werden diese zu erwartenden Defizite dann nochmals vergrößern.

Die steigenden Defizite erfordern erhebliche Einsparungen der Kommunen und werden sich deutlich negativ auf die Investitionen der Kommunen auch in den Bereichen Klimaschutz, Klimaanpassung, Energie- und Verkehrswende auswirken. Im Jahr 2022 haben die Kommunen noch rund 37 Mrd. Euro investiert. Die – im Falle der Umsetzung der Gesetzentwürfe – zu erwartenden Defizite von dann insgesamt mehr als 10 Mrd. Euro p.a. werden offenkundig einen verheerenden Einschnitt bei den kommunalen Investitionen bedeuten. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass auch inflationsbedingte Kostensteigerungen die reale Investitionstätigkeit der Kommunen deutlich reduzieren werden.

Wachstumschancengesetz

Mit dem Wachstumschancengesetz werden allgemeine konjunktur- und wachstumspolitische Zielsetzungen verfolgt. Die Liquiditätslage der Unternehmen soll verbessert und ihre Investitionsbereitschaft gefördert werden. Solche allgemeinen konjunktur- und wachstumspolitischen Maßnahmen fallen im föderal aufgebauten Staat in die Aufgabenzuständigkeit der oberen Staatsebenen von Bund und Ländern und nicht in die Zuständigkeit der kommunalen Ebene. Damit liegt auch die Finanzierungsverantwortung für solche Maßnahmen vorrangig bei Bund und Ländern. Der Gesetzentwurf sieht stattdessen vor, dass ausgerechnet die kommunale Ebene die Hauptlast bei den Steuerausfällen tragen soll. Während Bund und Länder auf rund 0,64 Prozent ihres Steueraufkommens verzichten, soll die gemeindliche Ebene einen Steuerausfall von rund 1,39 Prozent ihres Steueraufkommens tragen. Gemessen an der jeweiligen Steuerkraft sollen die ohnehin auf eine Aufstockung ihrer Finanzausstattung angewiesenen Städte und Gemeinden also mehr als doppelt so viel zur Finanzierung der Fördermaßnahmen beitragen wie Bund und Länder. Hier liegt ein völliges Missverhältnis in der Belastungsverteilung zwischen den föderalen Ebenen vor.

Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung

Die zu erwartenden Steuermindereinnahmen der Kommunen entfallen mit rund 1,3 Mrd. Euro zum größten Teil auf eine geplante (befristete) Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung bei der Gewerbesteuer in den Jahren 2024 bis 2027 einschließlich einer Anhebung des Sockelbetrags beim Verlustvortrag ab 2028 auf 10 Mio. Euro (20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung). Die gewerbesteuerliche Mindestbesteuerung ist – funktional betrachtet – absolut unverzichtbar für die Stabilität des örtlichen Gewerbesteueraufkommens und damit die grundsätzliche Eignung der Gewerbesteuer als Kommunalsteuer.

Die Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung ist im Übrigen ohnehin kein Instrument der Investitionsförderung. Schließlich ist von der Mindestgewinnbesteuerung nur ein sehr geringer Anteil der Steuerpflichtigen betroffen und die Regelung hat im Mittelstand keine nennenswerten Auswirkungen. Zu diesem Ergebnis ist bereits im Jahr 2011 auch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ gelangt. Zum anderen führt eine Liquiditätssteigerung bei einigen wenigen Unternehmen nicht zwingend zu mehr (inländischen) Investitionen bei diesen Unternehmen. Der Steuerbonus kann ebenso in reine Finanzanlagen fließen, für Gewinnausschüttungen genutzt werden oder einfach ohne jeden Effekt ins Ausland abfließen.

Klimaschutz-Investitionsprämien

Das konkrete Ziel des Klimaschutzinvestitionsprämiengesetzes, Investitionen in die Energieeffizienz von Unternehmen zu fördern, ist zu begrüßen. Die Energiewende erfordert allerdings vorrangig einen schnellen Ausbau der Strom-, Wärme- und Breitbandnetze sowie der (regenerativen) Stromerzeugung durch Energieversorgungsunternehmen. Investitionen von Energieversorgungsunternehmen sind aber genau nicht prämienfähig. Hier ist daher dringend zu prüfen, ob nicht zuvorderst den Energieversorgern der Zugang zu den Investitionsprämien eröffnet werden sollte, soweit diese in die angestrebte Energiewende investieren.

Der bei der Finanzierung des geplanten Klimaschutzinvestitionsprämiengesetzes eingeschlagene Weg eines Investitionszulagen-Modells wird begrüßt. Entsprechend ihrer Aufgabenverantwortung tragen bei diesem Modell im Ergebnis Bund und Länder die Finanzierungslast aus gesamtwirtschaftlich orientierten Förderprogrammen. Zudem kann dieser Förderweg zielgenau ausgestaltet werden. Aus Sicht der kommunalen Ebene sollten Investitionszulagen-Modelle im Rahmen zukünftiger Maßnahmen der steuerlichen Investitionsförderung stets mit Vorrang eingesetzt werden.

Hinsichtlich des Zugangs zu Klimaschutzinvestitionsprämien für nicht-gewinnorientierte Betriebe gewerblicher Art bedarf es noch einer Klarstellung. Um von vornherein unnötigen Unsicherheiten bei Rechtsanwendern auszuschließen, wäre es sinnvoll, wenn zum Beispiel in der Gesetzesbegründung oder einem nachfolgenden BMF-Schreiben klar-gestellt wird, dass auch nicht-gewinn-orientierte Betriebe gewerblicher Art grundsätzlich anspruchsberechtigt seien sollen, etwa wenn die Energieeffizienz eines dauerdefizitären öffentlichen Badebetriebs durch eine Investition verbessert wird.

Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MinBestRLUmsG)

Die Bemühungen um eine globale Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union begrüßen wir ausdrücklich. Es ist ein erster Schritt zu einer faireren Besteuerung. Dass durch Gewinnverlagerungen etc. einige große multinationale Unternehmen, die gleichwohl maßgeblich von der Infrastruktur vor Ort profitieren, sich steuerlich kaum bis gar nicht an dieser finanziell beteiligen, ist wenig sachgerecht und geht zu Lasten der öffentlichen Hand in der ganzen Welt.

Die einseitige fiskalische Belastung der Städte und Gemeinden ist jedoch klar zurückzuweisen. Zwar sind die mit der Umsetzung der EU-Richtlinie einhergehenden Anpassungen beim Außensteuer- und beim Gewerbesteuergesetz zu großen Teilen nachvollziehbar, doch ist weder nachvollziehbar noch sachgerecht, dass die kommunale Ebene allein die Mindereinnahmen schultern soll, während die Mehreinnahmen aus der neuen Mindeststeuer allein Bund und Ländern zufließen. Eine dauerhafte Verlagerung dieses Steuersubstrats zu Bund und Ländern ohne jegliche Kompensation der gemeindlichen Ebene ist klar abzulehnen.

Die gemeindlichen Mindereinnahmen resultieren vornehmlich aus Änderungen bei den gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlagen (Lizenzschranke, „außensteuerlicher“ Hinzurechnungsbetrag, Niedrigsteuer-grenze).

Kompensationswege

Im Wesentlichen gibt es hier zwei denkbare Optionen:

Zum einen kann die direkte Beteiligung der Gemeinden an der Mindeststeuer sinnvoll sein. Die damit einhergehende notwendige Grundgesetzänderung (Art. 106 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5a GG) wäre gerechtfertigt. Begrüßenswerter Nebeneffekt wäre eine Verbreiterung der steuerlichen Finanzierungsbasis der Kommunen.

Zum anderen ist alternativ auch eine Kompensation sowie angemessene Mindeststeuereinnahmenbeteiligung über eine entsprechende Absenkung der Gewerbesteuerumlage zu Lasten von Bund und Ländern denkbar.

Erhöhung gewerbesteuerlicher Hinzurechnungssatz

Angezeigt wäre ebenfalls, wenn im weiteren Gesetzgebungsverfahren der allgemeine gewerbesteuerliche Hinzurechnungssatz erhöht werden würde. Hierdurch würde die Attraktivität von Gewinnverlagerungen in Niedrigsteuerländer weiter verringert werden. In einem ersten Schritt wäre eine Anhebung des allgemeinen gewerbesteuerlichen Hinzurechnungssatzes nach § 8 Nr. 1 GewStG von 25 Prozent auf 30 Prozent vorzunehmen.

Dadurch würde auch die zu erwartende Aufkommensminderung bei der Gewerbesteuer infolge des MinBestRLUmsG ein stückweit abgemildert werden.

Langfristiges Ziel Deutschlands muss gleichwohl eine weitere Anhebung des internationalen Mindestbesteuerungsniveaus sein.

Administrative Vereinfachungen für nur im Inland tätige Gesellschaften

Rein national tätige Konzerne, die die für die globale Mindestbesteuerung relevante Umsatzgrenze von 750 Mio. Euro erreichen, müssen ebenfalls den umfassenden steuerlichen Erklärungs- und Dokumentationspflichten des MinBestRLUmsG nachkommen. Auch für die hier betroffenen größeren kommunalen Stadtwerke-Konzerne steht der zusätzliche bürokratische Aufwand und die damit einhergehenden hohen Kosten in keinem Verhältnis zum Regelungszweck.

Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sollte für rein national tätige Konzerne daher die im europäischen Rechtsrahmen vorhandenen Spielräume für Verfahrenserleichterungen geprüft werden, um zusätzlichen administrativen Aufwand für solche Unternehmen zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen.

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