Hasskriminalität

Kabinettausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus stellt seinen Abschlussbericht vor

In den vergangenen Jahren hat sich die zunehmende rechtsextremistische Bedrohung in einer Vielzahl rechtsextremistischer und rassistischer Straf- und Gewalttaten niedergeschlagen und in den schrecklichen Anschlägen von Halle und Hanau sowie dem Mord an Dr. Walter Lübcke traurige Höhepunkte gefunden. Allein im Jahr 2020 gab es insgesamt 23.604 rechtsextremistische Straftaten. Als Reaktion auf die rechtsextremistisch, rassistisch und islamfeindlich motivierten Attentate hat die Bundesregierung im März 2020 den Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ins Leben gerufen. Dort wurden Handlungsempfehlungen erörtert und Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, der Migrantenorganisationen sowie der Wissenschaft einbezogen. Der Abschlussbericht des Kabinettausschusses wurde nunmehr vorgestellt und von der Bundesregierung beschlossen. 

Folgende Kernvorhaben werden in dem Abschlussbericht aus kommunaler Sicht genannt:

  • Mehr Prävention und Bildung auch auf kommunaler Ebene

Beispielhaft soll das Projekt „Kommunales Konfliktmanagement“ Konzepte zum Schutz zivilgesellschaftlicher Akteure entwickeln und erproben sowie zur Erarbeitung von Kriterien zur Erhebung von Bedrohungen und Demokratiefeindlichkeit in Kommunen beitragen. 

  • Rassismus-Beauftragter der Bundesregierung 

Soll ab dem Jahr 2022 einberufen werden. 

  • Beratungsstelle für Angehörige 

Im Bundesinnenministerium wird – noch ohne genauen Zeitpunkt – diese zentrale Stelle für Angehörige von rechtsextremistisch radikalisierenden Personen eingerichtet. 

  • Expertenrat "Integration und Vielfalt"

Angesiedelt bei der Integrationsbeauftragten soll dieser zu Fragen der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und bei den demografischen Herausforderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt sowie Verwaltung beraten. 

  • Neue Straftatbestände und Strafschärfungen

Eingeführt werden soll ein neuer Straftatbestand „verhetzende Beleidigung“ mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Gemeint sind Beleidigungen per Mail oder Nachricht aufgrund der ethnischen, nationalen oder religiösen Herkunft, die stärker bestraft werden sollen als eine persönliche Beleidigung, den Straftatbestand der Volksverhetzung aber nicht erfüllen. Die Strafverschärfung soll im Gesetz zur Strafbarkeit von Feindeslisten, das bereits im Bundestag beraten wird, umgesetzt werden. Schließlich soll das Cyberstalking geahndet und die Stalking-Voraussetzungen des § 238 StGB abgesenkt werden. Auch hier haben Bundestag und der Bundesrat bereits beraten. Außerdem soll das Waffenrecht verschärft werden.

  • Neue Stellen und bessere Strukturen bei den Sicherheitsbehörden
  • Disziplinarrechtliche Ahndung von Rassismus und extremistischen Bestrebungen im öffentlichen Dienst 

Unter anderem durch eine gemeinsame Plattform von Bund und Ländern, auf der sie sich zum disziplinarrechtlichen Vorgehen austauschen und Dokumente und Fortschritte zur aktuellen Rechtsprechung einstellen können.

  • Diversitätsstrategie für den öffentlichen Dienst
  • Mehr Forschung

Eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung, deren Arbeit unter Federführung des Bundesinnenministeriums und Beteiligung des Bundesfamilienministeriums gesteuert wird, berät und unterstützt bei der Anwendung wissenschaftlich anerkannter Qualitätsstandards und Evaluationsdesigns und entwickelt diese weiter. Die Aufbauphase wird 2022 beginnen.

  • Gesellschaftlicher „Beirat zur Förderung der wehrhaften Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ 

Das Bundesinnenministerium wird gemeinsam mit Bundesfamilienministerium und dem Bundesjustizministerium den Beirat führen. Dieser soll sich mit Fragen von Demokratiefeindlichkeit sowie mit Bedrohungen für unsere plurale und freiheitliche Demokratie, ihrer Institutionen und unserer offenen Gesellschaft auseinandersetzen.

  • Kompetenzzentrum und Bundesarbeitsgemeinschaft für die Arbeit gegen Hass im Netz 

Dies soll federführend durch das Bundesfamilienministerium betreut werden. 

  • Finanzierung

Für die Maßnahmen des Kabinettausschusses sind laut Abschlussbericht auf Vorschlag der Bundesregierung weitere 150 Millionen Euro im Bundeshaushalt 2021 veranschlagt worden, bis 2024 insgesamt mehr als eine Milliarde. Welches Ressort welchen Anteil davon erhält, ist im Abschlussbericht noch nicht geregelt. Projekte im Kultur- und Erinnerungsbereich erhalten 30 Millionen Euro. 

Dabei bleiben insbesondere folgende Vorhaben aus dem Maßnahmenpaket des Kabinettausschusses offen: 

  • Eckpunkte Wehrhafte Demokratie Gesetz

Zwar wurden die Eckpunkte insbesondere für eine "bedarfsorientierte, längerfristige und altersunabhängige" Projektförderung im Bereich der Demokratieförderung und Extremismusprävention veröffentlicht und die Inhalte vorgestellt. Allerdings ist unklar, ob und wenn ja wann diese in das parlamentarische Verfahren münden, insbesondere ob dies noch in dieser Legislatur umgesetzt werden kann. 

  • Ersetzung des Begriffs "Rasse" im Grundgesetz 

Die geplante Gesetzesänderung wird voraussichtlich nicht mehr kommen, weil sich das Bundeskabinett auf den Vorschlag von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht bislang nicht einigen konnte. 

  • Fristverlängerung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz 

Auch die vorgesehene Fristverlängerung, die Opfern von Diskriminierung sechs statt nur zwei Monate Zeit für rechtliche Schritte gibt, wurde vom Bundeskabinett nicht gebilligt.

Der Abschlussbericht ist unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/sicherheit/abschlussbericht-kabinettausschuss-rechtsextremismus.html abrufbar.

Bewertung des DStGB

Aus Sicht des DStGB ist die Arbeit und das Ergebnis des Kabinettausschusses ausdrücklich anzuerkennen. Viele der aufgeführten Maßnahmen sind wichtige Bausteine im Kampf gegen Hass und Rassismus und entsprechen den kommunalen Forderungen. Allerdings gibt es einige offene Fragen und Kritikpunkte. Zunächst wäre es wünschenswert, wenn sich der Ausschuss phänomenübergreifend mit Formen des Extremismus befasst und sich nicht auf den Rechtsextremismus beschränkt hätte. Hinzukommt, dass der Bericht konkrete Aussagen darüber vermissen lässt, wie es mit den genannten Maßnahmen und Projekten gerade auf kommunaler Ebene konkret weiter gehen soll. Vieles ist für die Zukunft formuliert, hier wären konkrete Ausführungen über das Wie, wann und Anhaltspunkte zur Finanzierung entscheidend gewesen. Die Finanzierung im Bundeshaushalt wird zwar grob umrissen, allerdings wurden bislang die Gelder vielfach noch nicht ausgezahlt oder sie stehen noch unter dem Vorbehalt der Finanzierung. Was die dauerhafte und verlässliche Finanzierung der Projekte gerade auf kommunaler Ebene angeht, ist völlig unklar, ob die in den Eckpunkten eines „Wehrhafte Demokratie Gesetzes“ aufgeführte neue rechtliche Finanzierungsgrundlage noch in dieser Legislatur oder überhaupt verabschiedet werden kann. Bislang ist daher weiterhin nur eine befristete Finanzierung mit einem nicht unerheblichen Eigenmittel-Anteil möglich. Der DStGB setzt sich seit langem für einen verbindlichen Organisations- und Finanzrahmen für die Demokratieförderung und Extremismusprävention in Kommunen ein. Vor dem Hintergrund bleibt abzuwarten, wie es mit den aufgezeigten Maßnahmen weiter geht.

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