Koalitionsvertrag

DStGB-Analyse zur Sozialpolitik

Erste Bewertung zu einzelnen kommunalrelevanten Maßnahmen in den Bereichen:

Gesellschaft des Respektes

Wir modernisieren unseren Sozialstaat und setzen auf ein neues Bürgergeld, das den Menschen mit Respekt begegnet und ihnen Vertrauen entgegenbringt. Mit besseren Weiterbildungs- und Qualifizierungsangeboten stärken wir Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“

Anmerkung des DStGB

Das Prinzip „Fördern und Fordern“ hat sich bewährt. Unsere Gesellschaft braucht klare Regeln. Das Bürgergeld soll Hartz IV ersetzen. Unklar ist jedoch die genaue Höhe. Aus Sicht des DStGB ist es unabdingbar, dass das Lohnabstandsgebot eingehalten wird. Wir müssen die Eigenverantwortung stärken, Eigenvorsorge fördern und endlich den Weg vom Vater Staat zum Bürgerstaat einschlagen. Dazu gehört die Erkenntnis, dass auch die Leistungsfähigkeit des Sozialstaats Grenzen hat und der Staat nur das verteilen kann, was zuvor erwirtschaftet wurde. Es ist richtig, besser in Qualifikation als in Transferleistungen zu investieren.

Pflege

„Die Pflegekräfte in Deutschland erbringen während der Pandemie eine herausragende Leistung. In der aktuell sehr herausfordernden Situation in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wollen wir diesen Einsatz anerkennen. Der Bund wird hierfür eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Dazu werden wir die Steuerfreiheit des Pflegebonus auf 3.000 Euro anheben.

Wir werden in der stationären Pflege die Eigenanteile begrenzen und planbar machen. Die zum 1. Januar 2022 in Kraft tretende Regelung zu prozentualen Zuschüssen zu den Eigenanteilen werden wir beobachten und prüfen, wie der Eigenanteil weiter abgesenkt werden kann. Die Ausbildungskostenumlage werden wir aus den Eigenanteilen herausnehmen und versicherungsfremde Leistungen wie die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und die pandemiebedingten Zusatzkosten aus Steuermitteln finanzieren, sowie die Behandlungspflege in der stationären Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen und pauschal ausgleichen. Den Beitrag zur Sozialen Pflegeversicherung (SPV) heben wir moderat an.

Wir ergänzen das Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) um innovative quartiernahe Wohnformen und ermöglichen deren Förderung gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen. Bei der pflegerischen Versorgung vor Ort räumen wir den Kommunen im Rahmen der Versorgungsverträge verbindliche Mitgestaltungsmöglichkeiten ein. Wir unterstützen den bedarfsgerechten Ausbau der Tages- und Nachtpflege sowie insbesondere der solitären Kurzzeitpflege.“

Anmerkung des DStGB

Die Reform der Pflegeversicherung ist eine der drängendsten sozial- und gesellschaftspolitischen Aufgaben. Die Pläne zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung gehen in die richtige Richtung. Viele Maßnahmen, wie zum Beispiel die Vorhaben, in der stationären Pflege die Eigenanteile zu begrenzen, den Kommunen im Rahmen der Versorgungsverträge verbindliche Mitgestaltungsmöglichkeiten einzuräumen, Leistungen wie die Kurzzeit- und Verhinderungspflege in einem flexiblen Entlastungsbudget zusammenzuführen, sowie die Behandlungspflege in der stationären Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung zu übertragen, entsprechen Forderungen des DStGB. Eine Beitragssatzerhöhung in der Sozialen Pflegeversicherung ist durchaus angezeigt. Die Kommunen als Träger der Sozialhilfe müssen endlich entlastet werden.

Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang

Wir führen die Kindergrundsicherung ein, in der wir alle bisherigen finanziellen Unterstützungsleistungen bündeln. Diese Leistung wird automatisch berechnet und kommt direkt bei den Kindern an.“

Anmerkung des DStGB

Es entspricht einer Forderung des DStGB, familienpolitische Leistungen weitestgehend zu bündeln. Die Kindergrundsicherung kann Kinderarmut vermeiden und gleiche Chancen für alle Kinder ermöglichen. Die neue Bundesleistung sollte unbürokratisch Kindergeld, Kinderzuschlag und Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII zusammenfassen. So könnten auch aufwändige Doppelstrukturen aufgelöst und die Verwaltungen entlastet werden. Allerdings sind hierzu viele technische Details sowie viele Schnittstellenfragen zu klären.

„Kinder haben Rechte. Deshalb werden wir die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern.“

Anmerkung des DStGB

Kinderrechte im Grundgesetz sichtbar zu machen und das Kindeswohl erstmals ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern ist richtig. Dabei muss allerdings die Erstverantwortung der Eltern für ihre Kinder gewahrt bleiben. Eine ‚Lufthoheit des Staates über den Kinderbetten‘ darf es nicht geben.

„Gemeinsam mit den Ländern werden wir die öffentlichen Bildungsausgaben deutlich steigern und dafür sorgen, dass die Unterstützung dauerhaft dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird. Mit einer Stärkung der frühkindlichen Bildung, besseren Startchancen in sozial benachteiligten Schulen, einem Digitalpakt 2.0 und einem grundlegend reformierten BAföG legen wir den Grundstein für ein Jahrzehnt der Bildungschancen.“

Anmerkung des DStGB

Das klare finanzielle Bekenntnis sich stärker an den Bildungsausgaben zu beteiligen ist zu begrüßen. Nicht das Kooperationsverbot, sondern ein Kooperationsgebot ist der richtige Ansatz, wenn wir es mit der Chancengerechtigkeit ernst nehmen. Der angedachte Bildungsgipfel von Bund, Länder und Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft kann hierzu als erster Schritt dienen.

Wir werden das Gute-Kita-Gesetz auf der Grundlage der Ergebnisse des Monitorings und der Evaluation fortsetzen und bis Ende der Legislaturperiode gemeinsam mit den Ländern in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards überführen. Zum weiteren Ausbau von Kita-Plätzen soll ein Investitionsprogramm aufgelegt werden.“

Anmerkung des DStGB

Das Bekenntnis, das Gute-Kita-Gesetz auch über das Jahr 2022 finanziell zu unterstützen ist zu begrüßen. Strikt abgelehnt wird allerdings die geplante Überführung in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards. Die Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes ist eine Aufgabe von Ländern und Kommunen. Bundeseinheitliche Standards werden den örtlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten sowie der unterschiedlichen Entwicklungsbedarfe der Länder keinesfalls gerecht. Seit dem Jahr 2008 beteiligt sich der Bund an den Investitionskosten, um den Kitaausbau voranzutreiben. Aufgrund des nach wie vor hohen Bedarfs an Betreuungsplätzen, der gestiegenen Anforderungen an bauliche und räumliche Voraussetzungen und an die Ausstattung der Plätze ist ein weiteres Investitionsprogramm des Bundes zu begrüßen.

„Wir werden den Ausbau der Ganztagsangebote mit einem besonderen Augenmerk auf die Qualität weiter unterstützen. Mit Ländern und Kommunen werden wir uns über die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbildung und -betreuung und der qualitativen Weiterentwicklung verständigen und unter Berücksichtigung der länderspezifischen Ausprägungen einen gemeinsamen Qualitätsrahmen entwickeln. Wir vereinfachen den Abruf bereitgestellter Mittel, indem wir Basis- und Bonustopf zusammenführen und die Frist für den Beschleunigungstopf verlängern.“

Anmerkung des DStGB

Dass Basis- und Bonusmittel zusammengeführt werden und die Frist für den beschleunigten Ausbau verlängert wird, ist dringend notwendig. Gerade für den Zugriff auf Bundesmittel für gesellschaftlich angezeigte Projekte sollten derartige Hemmnisse unbedingt vermieden werden. Wir benötigen pragmatische und unbürokratischere Lösungen, die einen schnellen Zugriff auf derartige Mittel erlauben.

Fachkräfte

„Gemeinsam mit den Ländern und allen relevanten Akteuren entwickeln wir eine Gesamtstrategie, um den Fachkräftebedarf für Erziehungsberufe zu sichern und streben einen bundeseinheitlichen Rahmen für die Ausbildung an. Sie soll vergütet und generell schulgeldfrei sein.

Mit hochwertigen Qualitätsstandards in der Kindertagesbetreuung, sorgen wir für attraktive Arbeitsbedingungen. Wir wollen die praxisintegrierte Ausbildung ausbauen, horizontale und vertikale Karrierewege sowie hochwertige Fortbildungsmaßnahmen fördern und Quereinstieg erleichtern. Umschulungen werden wir auch im dritten Ausbildungsjahr vollständig fördern.“

Anmerkung des DStGB

Damit werden einige Maßnahmen aus dem gemeinsam von VKA, ver.di und den kommunalen Spitzenverbänden erarbeiteten Eckpunktepapier zur Neuordnung der Erzieher:innenausbildung aufgegriffen. Gefordert werden darin u.a. die Vereinheitlichung der Ausbildungsbedingungen, die Öffnung der Zugangsvoraussetzungen, die Kostenfreiheit der Ausbildung und eine angemessene Ausbildungsvergütung. Wir setzen nun auf die Unterstützung der Bundes- und Landespolitik, um den Erzieherinnenberuf wieder Attraktivität zu verleihen sowie neues Fachpersonal zu gewinnen.

Zeit für Familie

„Wir werden Familien dabei unterstützen, wenn sie Zeit für Erziehung und Pflege brauchen und dabei Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlich aufteilen wollen. Wir werden das Elterngeld vereinfachen, digitalisieren und die gemeinschaftliche elterliche Verantwortung stärken. Wir werden eine zweiwöchige vergütete Freistellung für die Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes einführen.“

Die Partnermonate beim Basis-Elterngeld werden wir um einen Monat erweitern, entsprechend auch für Alleinerziehende. Wir werden einen Elterngeldanspruch für Pflegeeltern einführen und den Anspruch für Selbstständige modernisieren.

Wir werden die Kinderkrankentage pro Kind und Elternteil auf 15 Tage und für Alleinerziehende auf 30 Tage erhöhen.

Wir wollen die Familienbesteuerung so weiterentwickeln, dass die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden. Im Zuge einer verbesserten digitalen Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung werden wir die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführen, das dann einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft.“

Anmerkung des DStGB

Viele Eltern, Paare und Angehörige wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung und mehr Zeit für die familiäre Sorgearbeit. Sie brauchen dafür gute öffentliche Rahmenbedingungen. Wir begrüßen die familienpolitischen Impulse im Koalitionsvertrag, die diese Bedarfe aufgreifen. Jetzt kommt es auf die Umsetzung und insbesondere die Finanzierung durch den Bund an.

Schutz vor Gewalt

„Wir werden das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen. Wir bauen das Hilfesystem entsprechend bedarfsgerecht aus. Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung. Dies gilt auch für bedarfsgerechte Unterstützung und Zufluchtsräume für männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt.“

Anmerkung des DStGB

Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Männer findet erstmals in einem Koalitionsvertrag des Bundes umfassende Berücksichtigung. Die Kommunen stellen sich weiterhin der gesellschaftlichen Aufgabe, Gewalt zu bekämpfen. Wir sehen die Notwendigkeit, Vernetzungsstrukturen vor Ort zu etablieren bzw. auszubauen, um mit einem ganzheitlichen Ansatz präventiv wie auch repressiv gegen alle Formen der Gewalt vorzugehen. Eine rechtliche Neuordnung durch Rechtsansprüche in Bundesgesetzen ist nach Auffassung des DStGB nicht erforderlich.

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