Trittsicher

„Wer rastet, der rostet“

Oberbürgermeister Bert Wendsche zeigte in seinem Grußwort die demografische Entwicklung der Bundesrepublik seit der deutschen Wiedervereinigung auf. In den ostdeutschen Bundesländern eröffne sich, so Wendsche, eine komplett andere Situation als in den alten Ländern. Zudem bestünden große regionale Spreizungen, mit denen ebenso große Herausforderungen einhergingen. Während der Anteil der Bevölkerung über 65 Jahren im Jahr 1991 bundesweit noch bei rund 15 % lag, stieg dieser bis zum Jahr 2021, auf nun 22 %, deutlich an. Die Stadt Radebeul hingegen liege mit Werten von derzeit 27 % (2013: 25 %) Anteil der über 65-Jährigen weit über diesem Bundesdurchschnitt. Für das Land Sachsen jedoch liege dieser Wert noch im guten Mittelfeld, betonte der Oberbürgermeister. Auch zur potenziell arbeitsfähigen Bevölkerung (Altersgruppe 10 bis 65 Jahre) hielt Oberbürgermeister Wendsche Zahlen bereit. Im Landkreis Erzgebirge gingen, so Wendsche, in den letzten zehn Jahren 17 % der arbeitsfähigen Bürgerinnen und Bürger verloren. Beinahe jede fünfte Arbeitskraft sei somit nicht mehr verfügbar. Die Stadt Leipzig hingegen gewann im selben Zeitraum 15 % dazu. Somit bestehe im Land eine Spreizung von 32 %. Gerade solche strukturellen Themen gaben den Anlass zum politischen Um- und Weiterdenken, da es Aufgabe der Kommune sei, Chancengleichheit für jede Altersgruppe zu gewährleisten. In der Gruppe der älteren Menschen belegten die Zahlen, dass das Leben im eigenen Wohnumfeld noch immer die beliebteste Wohnform sei. Zudem könnten Seniorinnen und Senioren durchaus selbst bestimmt über ihre Wohn- und Lebensform entscheiden, sofern man ihnen die Möglichkeit dazu einräume, so Wendsche.
Aus diesen Erkenntnissen entwickelte die Stadt ein beispielhaftes Bauprojekt im Zentrum Radebeuls. Ein ehemaliger Bürokomplex wurde hier zu einer altersgerechten Wohnsiedlung umgestaltet. Die Attraktivität stieg durch die gute Verkehrsanbindung und Möglichkeiten zur Naherholung im direkten Umfeld. Es zeigte sich, dass größtenteils Radebeuler Bürgerinnen und Bürger das Wohnprojekt bezogen, die so ihre Häuser an die nächste Generation junger Familien weitergäben.
Die Stadt selbst gebe dem ganzen lediglich den „Rahmen“, ein Wohlfahrtsverband übernahm die Trägerschaft.

Unter dem Titel „Den demografischen und gesellschaftlichen Wandel im Blick“ eröffnete Dr. Reinhild Benterbusch, Referentin im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS), den Blick auf die demografische Entwicklung aus Sicht der Landespolitik.
Das Land Sachsen beschäftige sich bereits seit Ende der 90er Jahre intensiv mit der demografischen Entwicklung. Hieraus entstanden mehrere Demografiekongresse sowie die Einsetzung einer Expert:innenkommission, deren erarbeitete Handlungsempfehlung zur Einführung eines ersten landesweiten Förderprogramms führte. Im Freistaat Sachsen hätten über 1 Million Menschen (Stand 2021) das 65. Lebensjahr erreicht oder überschritten, was mehr als einem Viertel der Sächsischen Gesamtbevölkerung entspreche. Die Tendenz der Hochaltrigen sei ebenfalls steigend - bereits jetzt lebten in Sachsen über 1.250 100-Jährige und älter.

Die wohl größte Herausforderung im Umgang mit Älteren sei die Heterogenität dieser Gruppe. Dabei spielten sowohl persönliche als auch soziale Faktoren eine Rolle, denn das Eingebundensein in familiäre oder örtlich-soziale Strukturen beeinflusse den Unterstützungsbedarf. Hinzu kommen infrastrukturelle Rahmenbedingungen, wie Mobilität/ÖPNV-Anbindung, aber auch die Gesundheits- bzw. Pflegeversorgung.

Zusammenfassend betonte Dr. Benterbusch, sei die Erhaltung der physischen Mobilität in Kombination mit dem Training kognitiver Fähigkeiten der effektivste Weg, um möglichst lange im gewohnten Umfeld bleiben zu können und sich als autonom und sozial eingebunden wahrzunehmen.

Am abschließenden Podiumsgespräch nahm neben Vertreterinnen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) und des Robert-Bosch-Krankenhauseses (RBK) ebenfalls Oberbürgermeister Wendsche teil. Letzterer betonte eingangs die Notwendigkeit von definierten Zuständigkeiten für den Umgang mit dem demografischen Wandel in den Städten und Gemeinden. Gleichzeitig könne ebenfalls eine Netzwerkbildung zwischen Kommunen und Landkreisen bei der Gestaltung des demografischen Wandels nützlich sein. Veronika Fischer (SVLFG) unterstützte diese Forderung und verwies auf die Möglichkeit, bei der Umsetzung von „Trittsicher“-Bewegungskursen interkommunale „Arbeitsgruppen“ zu bilden. Der Austausch zwischen den Kommunen sei auch im Rahmen dieses Programms unabdingbar für eine erfolgreiche Umsetzung. Ziel des Programms sei es ebenfalls nachhaltige Strukturen zu schaffen, so Michaela Groß (RBK). Unabhängig davon, ob die Seniorinnen und Senioren nach den neun Kurseinheiten allein oder in einer Gruppe selbstständig weiter trainierten, sei es für die Zielgruppe wichtig, das Erlernte langfristig in den Alltag zu integrieren.

Veronika Fischer wies außerdem auf die Bedeutung der Kommunen hin, wenn es darum gehe, das Bewegungsprogramm erfolgreich umzusetzen. Zum Unterstützungsbedarf zählten beispielsweise die Kommunikation und Bekanntmachung des Programms bei der Zielgruppe. Hierfür könnte neben dem Versand eines Anschreibens auch das Aushängen von Plakaten und Flyern hilfreich sein. Entsprechende Materialien könnten jederzeit von Seiten der Projektleitung bereitgestellt werden. Zusammenfassend sei das kommunale Wissen von besonderer Bedeutung bei der unterstützenden Suche von Räumlichkeiten für Kurse sowie Kursleiterschulungen.  

 

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