Bundeskabinett beschließt Energiekonzept der Bundesregierung

Foto: Bundesumweltministerium

I. Energiekonzept der Bundesregierung

Die Laufzeitverlängerung ist ein Teilbereich des erwähnten Energiekonzepts der Bundesregierung, das Leitlinien für eine langfristige Gesamtstrategie im Energiebereich (bis 2050) enthalten soll. Insgesamt sieht das Konzept neun Punkte für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung vor. Dies sind im Einzelnen:

• Erneuerbare Energien als eine tragende Säule
zukünftiger Energieversorgung
• Schlüsselfrage Energieeffizienz
• Kernenergie und fossile Kraftwerke
• Leistungsfähige Netzinfrastruktur für Strom und
Integration erneuerbarer Energien
• Energetische Gebäudesanierung und energieeffizientes Bauen
• Herausforderung Mobilität
• Energieforschung für Innovationen und neue Technologien
• Energieversorgung im europäischen und internationalen Kontext
• Akzeptanz und Transparenz

Besonders hervorzuheben sind die in dem Konzept enthaltenen Ausführungen zur Einrichtung eines Energieeffizienz-Fonds mit einem jährlichen Volumen von 500 Mio. €, von dem auch Kommunen profitieren sollen. Im Einzelnen durch:

• Unterstützung und Entwicklung kommunaler Effizienzmaßnahmen z.B. mit dem Ziel des Einsatzes von Querschnittstechnologien, wie Straßenbeleuchtung, Energieeinsatz in Krankenhäusern und Wasserwerken,
• Unterstützung bei der Entwicklung von Modellprojekten,
• Förderung von Information und Bildung in allen relevanten Bereichen der Kommunen.

Das Energiekonzept ist im Internet unter http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/energiekonzept_bundesregierung.pdf  abrufbar.

II. Was sieht der Energiekonsens vor?

• Laufzeitverlängerung: Kernkraftwerke, die bis 1980 gebaut wurden, dürfen acht Jahre länger am Netz bleiben, neuere Reaktoren 14 Jahre. Das ergibt im Mittel eine Laufzeitverlängerung von 12 Jahren.

• Gewinnabschöpfung: Die Bundesregierung sieht in der Verlängerung der Laufzeiten auch die Möglichkeit, die Finanzierung in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu verstärken. Deshalb soll es eine Abschöpfung der Zusatzgewinne aus der Laufzeitverlängerung geben. Diesbezüglich geht die Bundesregierung von einem Volumen von insgesamt 15 Mrd. € aus. Diese erfolgt zusätzlich zu der bis Ende 2016 befristeten Kernbrennstoffsteuer, die 12,5 Mrd. € einbringen soll. Die Zusatzerlöse sollen bis 2016 durch freiwillige Sonderzahlungen und ab 2017 im Rahmen von vertraglich vereinbarten Gewinnabführungen erfolgen.

III. Auswirkungen des Energiekonsenses auf den Wettbewerb

1. Einschätzung von BMWi und BMU
Im Entwurf von Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und Bundesumweltministerium (BMU) für ein Energiekonzept vom 7. September 2020 wird davon ausgegangen, dass die Laufzeitverlängerung keine nachteiligen Wirkungen auf den Wettbewerb im Energiesektor zur Folge haben wird. Die neue Kernbrennstoffsteuer und weitere Zahlungen der Kernkraftwerksbetreiber würden den überwiegenden Teil der Zusatzgewinne abschöpfen und damit einer wirtschaftlichen Besserstellung der KKW-Betreiber durch die Laufzeitverlängerung vorbeugen. Gleichwohl werde das BMWi regelmäßig zur Entwicklung des Wettbewerbs im Energiesektor unter besonderer Berücksichtigung der Laufzeitverlängerung berichten und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen vorschlagen. Davon unabhängig bleibe die weitere Stärkung des Wettbewerbs ein vorrangiges Ziel der Bundesregierung.

2. Einschätzung des DStGB
Der DStGB fordert vor dem Hintergrund des Energiekonsenses, dass eine Laufzeitverlängerung die von den Kommunen und ihren Stadtwerken auf den Weg gebrachten Investitionen für den Ausbau der erneuerbaren Energie nicht gefährden darf. Planung und Ausbau von Energieerzeugungsanlagen sind keine kurzfristigen Entscheidungen, sondern langfristige Prozesse. Die Stadtwerke haben sich darauf eingestellt, dass in wenigen Jahren die Atomkraftwerke vom Netz gehen und dann die Nachfrage nach ihrer Stromerzeugung steigt. Eine Änderung der politischen Vorgaben muss einen Ausgleich vorgesehen, damit die Stadtwerke keinen Wettbewerbsnachteil erleiden und der zügige Ausbau regenerativer Energien vorangeht.

3. Stellungnahmen der Stadtwerke
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kritisiert den Energiekonsens. Dessen Präsident, der Oberbürgermeister von Hannover, Stephan Weil, sieht im Energiekonsens eine Zementierung der Marktmacht der großen Konzerne bei der Energieerzeugung. Die Bundesregierung riskiere mit den Beschlüssen, dass viele der kommunalen Investitionen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und neuer hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen nicht mehr getätigt werden. Nach Berechnungen des VKU’s befinden sich zurzeit kommunale Kraftwerksinvestitionen in der Größenordnung von 6,5 Milliarden Euro in Bau, Genehmigung oder Planung. Dazu kommen mittelfristig geplante 5.000 Megawatt mit einem Volumen von weiteren sechs Milliarden Euro. Der Verband geht daher von kommunalen Investitionen und Investitionsvorhaben von rund 12,5 Milliarden Euro aus. Vor diesem Hintergrund fordert der VKU von der Bundesregierung, die wettbewerbliche Komponente einer Laufzeitverlängerung nicht außer Acht zu lassen. Außerdem müsse es eine Kompensation auf der Erzeugungsseite geben. Dazu schlägt der VKU vor, dass die alten Kohlekraftwerke der Energiekonzerne vom Netz genommen werden, um diese durch neue und hocheffiziente Kraftwerksanlagen anderer Wettbewerber, wie der Stadtwerke, zu ersetzen.

Albert Filbert, Vorstandsvorsitzender der HSE und im Jahr 2010 Koordinator des Stadtwerkeverbundes 8KU, geht davon aus, dass die städtischen Versorger durch den Kompromiss mit 4,5 Milliarden Euro belastet würden. Den Berechnungen liegt ein Gutachten  der Universität Leipzig und des arrhenius Institut für Energie- und Klimapolitik zugrunde. Danach sind Mindereinnahmen von 3,2 Mrd. € bei einer Laufzeitverlängerung von acht Jahren prognostiziert worden; auf der Grundlage dieser Berechnungen geht 8KU nunmehr von 4,5 Mrd. € bei einer Laufzeitverlängerung von 12 Jahren aus.

IV. Finanzielle Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden

Die geplante Kernbrennstoffsteuer wird Einnahmeausfälle bei den Städten und Gemeinden zur Folge haben. Nach den Beschlüssen der Spar-Klausur soll die Steuer jährlich 2,3 Mrd. € einbringen. Da diese bei den Unternehmen eine abzugsfähige Betriebsausgabe darstellt, wird dies Auswirkungen auf die Gewerbesteuereinnahmen haben. Der DStGB rechnet mit Mindereinnahmen von 300 Mrd. € pro Jahr. Die Abschöpfung der Zusatzgewinne wird zu weiteren Einnahmeausfällen führen, die allerdings derzeit noch nicht quantifizierbar ist, weil Jahreswirkung und zeitlicher Gesamtrahmen noch nicht bekannt sind. Vor dem Hintergrund der Einnahmeausfälle fordert der DStGB, dass diese kompensiert werden müssen. Außerdem müssen die Städte und Gemeinden in das neue Energiekonzept eingebunden werden.

V. Energieeffizienz und Städtebauförderung

Das Energiekonzept umfasst auch Lösungsansätze zur „Schlüsselfrage Energieeffizienz“, insbesondere im Hinblick auf Gebäude, die nachfolgend zusammengefasst und bewertet werden. Im Grundsatz sollen ökonomische Anreize sowie verbesserte Information und Beratung verstärkt zum Einsatz kommen, um ungenutzte Potenziale zur Verbesserung der Energieeffizienz zu erschließen. Die vorrangige Ausschöpfung solcher nicht ordnungsrechtlichen Instrumente ist grundsätzlich zu begrüßen, da im Ergebnis Energie dort eingespart wird, wo dies ökonomisch am sinnvollsten ist. Zur Umsetzung dieser Strategie sollen etwa Gebäudeenergieausweise aufgewertet und die Verpflichtung, Energieeffizienz als wichtiges Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen, rechtlich verankert werden.

1. Energieeffizienzfonds
Zur Erreichung der Klimaschutzziele, aber auch zur Kostensenkung im Interesse kommunaler Energieverbraucher will die Bundesregierung ab 2011 aus dem Sondervermögen beim Bundeswirtschaftsministerium einen Energieeffizienzfonds nach Maßgabe des Wirtschaftsplans des Energie- und Klimafonds auflegen, aus dem in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium Effizienzverbesserungen bei Verbrauchern, Unternehmen und Kommunen gefördert werden. Das Energiekonzept nennt insofern die folgenden kommunalspezifischen Ansätze:

- Beispielhafte Unterstützung und Entwicklung anspruchsvoller und innovativer, kommunaler Effizienzmaßnahmen,
- Unterstützung bei der Entwicklung von Modellprojekten,
- Förderung von Information und Fortbildung in allen relevanten Bereichen der Kommunen.

2. Schwerpunkt Gebäudebestand: Förderprogramm „Energetische Städtebausanierung“
Auf den Gebäudebereich entfallen rund vierzig Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen. Da drei Viertel des Altbaubestandes noch vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1979 errichtet wurde und diese Gebäude oft gar nicht oder kaum energetisch saniert sind, ergibt sich ein gewaltiges Potenzial zur Einsparung von Energie und CO2. Die Bundesregierung leitet daraus das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis zum Jahr 2050 ab. So sollen die Gebäude nur noch einen sehr geringen Energiebedarf aufweisen und den verbleibenden Bedarf überwiegend durch erneuerbare Energien decken. Ebenfalls bis 2050 soll der Primärenergiebedarf in der Größenordnung von achtzig Prozent gemindert werden. Aufgrund der Annahme, dass die bisherigen Anreize nicht ausreichen, um diese Ziele zu erreichen, soll mit der Novellierung der Energieeinsparverordnung 2012 die Kategorie „Klimaneutrales Gebäude“ eingeführt werden.

Der größte Handlungsbedarf wird jedoch bei den Bestandsbauten ausgemacht, deren Sanierungsfahrplan sich bis zum Jahr 2050 ebenfalls an der Klimaneutralität orientiert. Grundsätzlich soll der Sanierungsbedarf langfristig definiert werden, um den Gebäudeeigentümern einen Rahmen für ihre Investitionsplanung vorzugeben. Die Bundesregierung bekennt sich zum Verzicht auf Zwangssanierungen und zur Erreichung der Effizienzziele durch wirtschaftliche Anreize. Insofern sollen zeitlich gestaffelte Zielwerte für die Energieeffizienz von Gebäuden als Fördervoraussetzung definiert werden. Auch der Ersatzneubau soll förderfähig werden. Zur seit langem umstrittenen finanziellen Ausstattung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms und der Städtebauförderung enthält das Energiekonzept die folgenden Ausführungen:

- Sofern der Eigentümer die Zielwerte vorzeitig erfüllt oder übererfüllt, erhält er dafür eine staatliche Förderung. In diesem Sinne werden beispielsweise das bewährte CO2-Gebäudesanierungsprogramm auch unter Berücksichtigung von Stadtquartieren fortgeführt und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten besser ausgestattet. Darüber hinaus werden steuerliche Anreize für die Förderung der Sanierung geprüft.

- Für die Weiterentwicklung der erneuerbaren Energien im Gebäudebestand wird das Marktanreizprogramm zur Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien im Wärmemarkt ab 2011 mit zusätzlichen Mitteln aus dem Sondervermögen nach Maßgabe des Wirtschaftsplans des Energie- und Klimafonds fortgeführt. Darüber hinaus prüfen wir eine haushaltsunabhängige Förderung durch ein Anreizsystem für erneuerbare Wärme innerhalb des Marktes.

- Darüber hinaus wird die Bundesregierung ein Förderprogramm „Energetische Städtebausanierung“ bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auflegen. Ziel dieses Programms ist es, umfassende und lokal angepasste Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien auf unbürokratische Weise anzustoßen und damit vielfältige Synergieeffekte zu nutzen.

Angekündigt wird zudem eine Änderung des Mietrechts, insbesondere der Vergleichsmietenregelung, um die Refinanzierung energetischer Sanierungen im Sinne der Eigentümer zu erleichtern. Auch das Energie-Contracting soll attraktiver ausgestattet werden, um vor allem im Mietwohnungsbereich zusätzliche Potenziale zu realisieren.

3. Gesamtbewertung der Energieeffizienz-Strategie
Das Energiekonzept der Bundesregierung formuliert zurecht ehrgeizige Energieeffizienzziele, bleibt jedoch im Hinblick auf die konkreten Umsetzungsmaßnahmen recht abstrakt. Zu begrüßen ist das Bekenntnis zu positiven ökonomischen Anreizen und zu den vielfältigen Synergieeffekten, die sich durch die gezielte Förderung der energetischen Sanierung des kommunalen Gebäudebestandes erzielen lassen. Im Hinblick auf die entsprechenden Finanzmittel enthält das Energiekonzept jedoch keine Zahlen. Nach den bisherigen Verlautbarungen des Bundesbauministeriums soll das bestehende CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das spezifische Kommunalkredite umfasst, von 2,2 Mrd. Euro (2009) beziehungsweise 1,35 Mrd. Euro (2010) im kommenden Jahr auf 950 Mio. Euro reduziert werden. Zumindest die Reduzierung auf 450 Mio. Euro ist zunächst vom Tisch.

Mit großem Interesse wird der DStGB die Ausgestaltung des geplanten Förderprogramms „Energetische Städtebausanierung“ begleiten. Zu den im Energiekonzept nicht näher bezeichneten „vielfältigen Synergieeffekten“ gehören neben dem Klimaschutz die Überwindung von kommunalen Investitionshindernissen zur Einsparung von Energiekosten auch die Erreichung städtebaulicher Ziele wie der Attraktivitätssteigerung von Ortszentren zur Stärkung der Innenentwicklung. Nicht zuletzt zieht die Förderung von kommunalen Sanierungsmaßnahmen ein Vielfaches an privaten und öffentlichen Investitionen nach sich. Diese konjunkturellen Potenziale wurden bereits mit dem so genannten Konjunkturpaket II vorbildhaft erschlossen, das jedoch zeitlich befristet ist. Ein Förderprogramm „Energetische Städtebausanierung“ könnte insofern die erforderliche Kontinuität gewährleisten.

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