Gewerbesteuereinnahmen können Investitionsstau nicht lösen

Kleingeld

Landsberg betonte, dass die Gewerbesteuer nur ein Element im Verhältnis zwischen Kommunen und Unternehmen und nicht der einzig relevante Standortfaktor sei und wies darauf hin, dass die Hebesätze im Bundesdurchschnitt in den vergangenen Jahren nur leicht gestiegen seien.

Nachfolgend ist das Interview im Wortlaut wiedergegeben.

DHZ: Herr Landsberg, die Wirtschaft wirft den Kommunen vor, ihre Haushaltsprobleme oft über höhere Gewerbesteuern zu lösen. Bleibt ihnen nichts anderes übrig?

Dr. Gerd Landsberg: Nach wie vor ist die Haushaltslage vieler Städte und Gemeinden dramatisch. Trotz guter Konjunkturlage sind die Kassenkredite der Kommunen 2012 auf über 47 Milliarden Euro angestiegen. Mit diesen Kassenkrediten werden teilweise laufende Ausgaben wie etwa Personalkosten gedeckt. Insoweit ist es nachvollziehbar, dass gerade dort, wo die Finanznot besonders hoch ist, auch die Gewerbesteuerhebesätze angehoben werden.

DHZ: Das überrascht, denn gleichzeitig hört man, dass bei der guten konjunkturellen Lage das Gewerbesteuer-Aufkommen so hoch ist wie selten und auch die Einkommensteuer kräftig sprudelt. Machen es sich die Kommunalpolitiker da nicht zu leicht?

Landsberg: Richtig ist, dass sich die Gewerbesteuer gut entwickelt hat und im Jahre 2012 bundesweit rund 35 Milliarden Euro betrug. Diese Steuer ist ein unverzichtbares Band zwischen Kommune und Wirtschaft, denn auch die Wirtschaft erwartet eine gut ausgebaute Infrastruktur. Die kommunalen Einnahmen haben sich zwar verbessert, leider sind jedoch die Ausgaben für soziale Leistungen auch stetig angestiegen und werden sich 2013 auf über 46 Milliarden Euro belaufen, ohne dass wir auf diese gesetzlichen Verpflichtungen irgendeinen Einfluss haben. Gleichzeitig wird von den Kommunen erwartet, dass sie zum Beispiel immer mehr und immer bessere Kinderbetreuungsplätze schaffen. Kommunalpolitiker machen es sich mit der Bewältigung dieser vielfältigen Aufgaben sicherlich nicht leicht.

DHZ: Verprellen die Kommunen mit zu hohen Hebesätzen nicht die Unternehmen, auf deren Steuern sie schielen?

Landsberg: Die Gewerbesteuer ist nur ein Element im Verhältnis zwischen Kommunen und Unternehmen. Häufig sind andere Standortfaktoren wie etwa die Verkehrsinfrastruktur, die Anbindung an Autobahnen und das Schienennetz, gute Schulen, ein vernünftiges Freizeitangebot für die Unternehmen wichtiger. Von einem „Verprellen“ kann insoweit nicht die Rede sein. Andernfalls wäre auch nicht verständlich, dass Unternehmen häufig Erweiterungen und Neugründungen in besonders attraktiven Standorten anstreben, wo die Hebesätze für die Gewerbesteuer eher höher sind.

DHZ: Es sieht so aus, als ob es vor allem kleine und mittlere Kommunen sind, die besonders an der Steuerschraube drehen. Woran liegt es?

Landsberg: Kommunen drehen nicht an Steuerschrauben, sondern die Kommunalpolitik versucht, ausgeglichene Haushalte aufzustellen. Das geht regelmäßig nicht ohne Einnahmenverbesserungen und Ausgabenkürzungen.
Betroffen sind alle: Bürger und Wirtschaft.

DHZ: Man hat das Gefühl, als wenn es bei der Gewerbesteuer nur eine Richtung gibt: immer nach oben. Geht es auch anders?

Landsberg: Die Hebesätze sind im Bundesdurchschnitt in den vergangenen Jahren nur leicht gestiegen. Die Gewerbesteuer ist eine wachstumsstarke Steuer, die aber auch stark konjunkturabhängig ist. Eine Ausdehnung auf die freien Berufe würde die Konjunkturabhängigkeit reduzieren und die Planungssicherheit der Kommunen erhöhen.

DHZ: Wird damit wenigstens endlich der kommunale Investitionsstau gelöst?

Landsberg: Das Volumen der Gewerbesteuer ist verglichen mit den kommunalen Ausgaben leider nicht ausreichend, um den kommunalen Investitionsstau, den die KfW-Bankengruppe auf 128 Milliarden Euro schätzt, aufzulösen. Die kommunalen Haushalte haben sich in den vergangenen Jahren von Investitions- zu Sozialhaushalten entwickelt. Hier sind grundlegende Reformschritte notwendig. Wir müssen endlich den Weg vom Vater Staat zum Bürgerstaat einschlagen.

Die Fragen stellte Karin Birk.

Der in der Deutschen Handwerkszeitung erschienene Artikel kann auf der Homepage der Zeitung unter folgendem Link nachgelesen werden.

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