Novellierung des EEWärmeG: DStGB moniert fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den kommunalen Gebäudebestand

Novellierung des EEWärmeG: DStGB moniert fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den kommunalen Gebäudebestand

„Anrede,

für die Gelegenheit, im Vorfeld der 27. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestags am 17.01.2011 eine schriftliche Stellungnahme zum oben genannten Gesetzentwurf der Bundesregierung abzugeben, danken wir Ihnen. Wir nehmen diese Gelegenheit gerne wahr und erlauben uns zunächst zwei einleitende Hinweise mit der Bitte um zukünftige Berücksichtigung.

I. Vorbemerkungen

Zum einen würde es die Arbeit mit dem Gesetzentwurf erheblich erleichtern, wenn statt einer Abfolge von Änderungsbefehlen eine konsolidierte Fassung zur Verfügung gestellt würde. Zum anderen erfordert die Erarbeitung einer fundierten Stellungnahme und die Ermittlung relevanter Daten, etwa bezüglich kommunaler Folgekosten, die Anhörung unserer Mitgliedsverbände und -kommunen (Städte, Gemeinden und Landkreise) über zwei Organisationsstufen unserer Verbände hinweg, was mit entsprechendem Zeitaufwand verbunden ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Rückäußerungsfrist von vier Wochen, zumindest über die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel hinweg, recht knapp bemessen.

In inhaltlicher Hinsicht verweisen wir zunächst auf die gemeinsame Stellungnahme der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände vom 15.06.2010 gegenüber dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Anlage 1).

II. Verfassungswidrigkeit des EAG EE

Ergänzend ist ein zentraler Aspekt besonders hervorzuheben, der unserer Zustimmung zum Gesetzentwurf in der vorliegenden Form entgegensteht: Die im Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbarer Energien (EAG EE) gem. §§ 1a, 3 und 9 EEWärmeG n. F. vorgesehenen Regelungen zur Umsetzung der in Art. 13 Abs. 5 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG (EE-RL) enthaltenen Vorgaben zur Vorbildfunktion kommunaler Gebäude sind verfassungswidrig, denn sie verstoßen gegen das mit der Föderalismusreform 2006 in Form von Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG eingeführte Verbot der Aufgabenübertragung vom Bund auf die Kommunen. Sollte das Gesetz in der vorliegenden Fassung in Kraft treten, so wäre es formell verfassungswidrig und das Bundesverfassungsgericht müsste im Falle der Rechtshängigkeit die Nichtigkeit des Gesetzes feststellen. Erstaunlicherweise geht die Gesetzesbegründung, die auf Seite 29 unter der Überschrift „Gesetzgebungskompetenz des Bundes“ entsprechende Ausführungen enthält, mit keinem Wort auf die Anwendbarkeit der negativen Kompetenzvorschrift des Art. 84 Art. 1 S. 7 GG auf den vorliegenden Gesetzentwurf ein. Wir fügen daher zu diesem zentralen Aspekt ein gesondertes Kurzgutachten als Anlage 2 bei. Die dortigen Ausführungen zu den Regelungen bzgl. des kommunalen Gebäudebestands gelten entsprechend für die Übertragung sonstiger Aufgaben wie insbesondere Berichtspflichten vom Bund auf die Kommunen.

III. Weitere Anmerkungen

1. Vorbildfunktion der öffentlichen Hand

Lediglich hilfsweise tragen wir nachfolgend ergänzende Kritik vor, die sich im Wesentlichen auf die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Regelungen bezieht: Grundsätzlich verdient das Leitmotiv der europäischen Gesetzgebung, die öffentliche Hand aufgrund ihrer Vorbildfunktion mit spezifischen belastenden Vorschriften zu belegen, eine kritische Betrachtung. Aus kommunaler Perspektive ist zu bemängeln, dass insbesondere auf europäischer Ebene unter Beteiligung des Bundes und der Länder Pflichten der öffentlichen Hand determiniert werden, die nicht nur im Falle der öffentlichen Liegenschaften, sondern auch etwa im öffentlichen Auftragswesen, in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Kommunen betreffen. Soweit ordnungsrechtliche Vorgaben überhaupt entsprechenden positiven Anreizen vorzuziehen sind, liegt es stattdessen nahe, alle Binnenmarktteilnehmer einschließlich der Privatwirtschaft gleichmäßig zu belasten.

2. EG-Recht ermöglicht positive Anreize

Im Hinblick auf die geplanten Regelungen des EAG EE für kommunale Bestandsgebäude sind zwar materielle Vorgaben des europäischen Gesetzgebers zu beachten. Die einschlägige Vorschrift des Art. 13 Abs. 5 EE-RL verpflichtet die Mitgliedsstaaten allerdings nur, sicherzustellen, dass bestehende öffentliche Gebäude, an denen größere Renovierungsmaßen vorgenommen werden, auch auf lokaler Ebene eine Vorbildfunktion im Rahmen der Richtlinie erfüllen. Der ordnungsrechtliche Ansatz des EAG EE ist somit nicht etwa europarechtlich vorgegeben. Der nationale Gesetzgeber könnte seine Umsetzungspflichten ebenso erfüllen, indem er, etwa durch Ausweitung des Marktanreizprogramms, positive Anreize setzt. Dass hierfür die besseren Gründe sprechen, haben die kommunalen Spitzenverbände bereits in ihrer Stellungnahme vom 15.06.2010 ausgeführt. Zu ergänzen bleibt, dass sich im Fall von positiven Anreizen das geschilderte Problem des Aufgabenübertragungsverbots gemäß Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG nicht stellt.

3. EG-Recht ermöglicht Umsetzung durch die Länder

Als Bestandteil des supranationalen Rechts verpflichtet Art. 13 Abs. 5 EE-RL zudem nicht gezielt den Bund, sondern alle innerstaatlichen Hoheitsträger, deren jeweiliger Zuständigkeitsbereich betroffen ist. Da die genannte EU-Vorschrift lediglich ein Ziel vorgibt, lässt sich die Frage, ob mit Blick auf die lokale Ebene überhaupt normative Umsetzungsakte erforderlich sind, nur beantworten, indem man ermittelt, inwieweit kommunale Bestandsgebäude ihrer Vorbildfunktion bereits gerecht werden. Abgesehen von dem gesondert erörterten Aufgabenübertragungsverbot gemäß Art. 84 Abs. 1 S. 7 Grundgesetz spricht daher auch die bessere Fähigkeit der Bundesländer zur Beurteilung der Vorbildfunktion der lokalen Ebene gegen die normative Umsetzung durch Bundesrecht. Für die normative Umsetzung durch die Länder sprechen auch deren Verantwortung für die ebenfalls landesrechtlich zu regelnde Mittelausstattung im Rahmen des Konnexitätsprinzips sowie die Zuständigkeit für Ausnahmeregelungen aufgrund des kommunalen Haushaltsrechts.

4. Seitens der Länder zu berücksichtigende Aspekte

Dabei werden die Länder zu prüfen haben, inwieweit im Hinblick auf die materiellen Ziele der EE-RL überhaupt ein normativer Umsetzungsbedarf durch Anpassung der innerstaatlichen Rechtsordnung verbleibt. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass das nationale Richtlinienziel von mindestens achtzehn Prozent erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 gemäß dem im letzten Jahr von der Bundesregierung aufgestellten Nationalen Aktionsplan mit 19,6 Prozent voraussichtlich sogar übertroffen wird. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat sich an der Aufstellung des Nationalen Aktionsplans aktiv beteiligt; im Ergebnis werden die Beiträge der lokalen Ebene zur Erreichung des nationalen Ziels ausdrücklich hervorgehoben. Auch im Zuge der Erstellung des Erfahrungsberichts zum EEWärmeG, zu dem der DStGB mit Schreiben vom 14.10.2010 eine eigene Stellungnahme abgegeben hat, dürften sich Erkenntnisse zum bereits erreichten Status Quo der Vorbildwirkung der lokalen Ebene ergeben.

Nur insoweit als nach Maßgabe der bisherigen Ausführungen auf Länderebene ein normativer Umsetzungsbedarf verbleibt, wären normative Vorgaben für den kommunalen Gebäudebestand als rechtfertigungsbedürftige Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltungshoheit überhaupt erforderlich. Nicht zuletzt der geplante Eingriff in die finanzielle Planungshoheit der Kommunen bedarf der Rechtfertigung. Die Ausführungen des vorliegenden Entwurfs eines Bundesgesetzes zu den Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte können insoweit innerhalb der vorgegebenen Frist weder nachvollzogen noch widerlegt werden. Es fällt jedoch auf, dass Angaben zu den Finanzierungskosten fehlen. Eine Refinanzierung der Investitionskosten über kommunale Einnahmequellen ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Auch die Länder müssten insoweit prüfen, inwieweit positive Anreize - als Alternative zu ordnungsrechtlichen Vorgaben in Verbindung mit der entsprechenden Mittelausstattung aufgrund des Konnexitätsprinzips - in Betracht kommen.

5. Bestandsgebäude im kommunalen Besitz

Im Hinblick auf von Kommunen angemietete öffentliche Gebäude hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände bereits in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 15.06.2010 vorgetragen, dass der Immobilienmarkt ein problemloses Ausweichen auf Bestandsgebäude, die die Nutzungspflichten erfüllen, häufig nicht möglich ist, und dies näher ausgeführt. Im Übrigen würde eine Nutzungspflicht für angemietete Liegenschaften dazu führen, dass sich die Verhandlungsposition der kommunalen Mieter unangemessen zugunsten ihrer Vertragspartner verschlechtert. Den Vermietern würde so ermöglicht, die Sanierungsmehrkosten auf die Kommunen abzuwälzen.

Wir bitten Sie, Frau Bulling-Schröter, den Mitgliedern des Bundestags-Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unsere Stellungnahme rechtzeitig vor der Sitzung am 17. Januar 2011 zuzuleiten, um eine angemessene Erörterung der angesprochenen Aspekte zu ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen“

Anmerkung: Der Deutsche Städtetag, der bereits eine eigene schriftliche Stellungnahme abgegeben hat, wird die gemeinsame Position der kommunalen Spitzenverbände im Sinne des oben wiedergegebenen Schreibens bei der mündlichen Anhörung des Bundestags-Umweltausschusses am 17.01.2011 in Berlin vertreten.

Das oben wiedergegebene Schreiben, die dort in Bezug genommenen Anlagen sowie weitere Materialien können unten als PDF-Dokumente abgerufen werden.

( Dr. Simon Burger)

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