Überzogene Verkehrssicherungspflichten fördern die Vollkaskomentalität der Menschen

Bildrechte C. Nöhren, pixelio

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. März 2014 (Az.: III ZR 352/13) entschieden, dass Städte und Gemeinden nicht für Schäden herabfallender Äste gesunder Straßenbäume haften. Gefahren, die von gesunden Bäumen ausgehen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko. Behörden genügen der Straßenverkehrssicherungs- und Überwachungspflicht, wenn sie – neben der stets gebotenen regelmäßigen Beobachtung auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse – eine eingehende Untersuchung der Bäume bei besonderen Umständen wie dem Alter des Baums, seinem Erhaltungszustand, der Eigenart seiner Stellung oder seinem statischem Aufbau veranlassen. In einem Statement gegenüber der Nachrichtenagentur dpa hat DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg die Entscheidung begrüßt:

„Die Entscheidung des BGH ist ein wichtiges Signal für unsere Städte und Gemeinden. Wir brauchen ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass bestimmte Entscheidungen ungewollt mehr Bürokratie zur Folge haben können und dass es mit mehr Vorgaben und Regelungen trotzdem keine absolute Sicherheit gibt. Viele Standards werden aber auch nicht vom Gesetzgeber, sondern von der Rechtsprechung über die Festlegung sogenannter Verkehrssicherungspflichten oder den Versicherungen auferlegt.

Bereits heute werden alleine von der Rechtsprechung ganze Regalwände alleine von der Rechtsprechung über die gemeindlichen Verkehrssicherungspflichten gefüllt. Solche Tendenzen sind gefährlich, da sie schnell den Bürgerinnen und Bürgern suggerieren, dass sämtliche Risiken, auch allgemeine Lebensrisiken, aus unserem Alltag ausgeblendet werden können. Überzogene Verkehrssicherungspflichten fördern die Vollkaskomentalität der Menschen, die alle Risiken vom Vater Staat gelöst und getragen wissen will. Notwendig ist aber eine Umkehr hin zum Bürgerstaat mit mehr Eigenverantwortung des Einzelnen.

Der BGH hat bei der Abwägung von Gefahren und Risiken Augenmaß bewiesen. Leider ist nicht allen Gerichten immer die Tragweite ihrer Entscheidungen bewusst. So hat beispielsweise ein Urteil dafür gesorgt, dass Rasenmähen in den Städten wieder zu einem Großprojekt wird: Nachdem beim Mähen des öffentlichen Rasens ein kleiner Stein an einem Auto einen kleinen Lackschaden verursachte, sollen nach Gerichtsentscheidung beim Rasenmähen um das öffentliche Grün Fangnetze gespannt werden. Alternativ könnten Straßen gesperrt, aber jedenfalls gemeindliche Wach- und Warnmitarbeiter postiert werden, die den Rasen im Auge behalten und zugleich herannahende Pkw warnen sollen.“

Bezüglich unbeabsichtigter Nebenfolgen durch Rechtsprechung könnte eine gesetzliche Regelung zur Ausgestaltung der Urteilsbegründung im Falle von Urteilen im Bereich der Verkehrssicherungspflichten und damit der Schaffung neuer Standards seitens der Judikative helfen. Eine solche könnte in der Zivilprozessordnung angesiedelt werden und im Falle der Auferlegung von Standards eine ausdrückliche Begründungspflicht in den Urteilsgründen, insbesondere mit Blick auf die dadurch entstehenden Kostenfolgen, vorsehen.“

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