
Problem/Sachverhalt
Eine Gemeinde (G) mit 1.700 Einwohnern beabsichtigt die Beschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs. In diesem Zusammenhang wird G auf Antrag ein Förderbetrag in Höhe von 58.000 Euro ausbe-zahlt. Im zugrundeliegenden Bewilligungsbescheid wird darauf hingewiesen, dass die allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) Bestandteil des Bescheids seien. Danach war G zur eigenverantwortlichen Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften verpflichtet. Im Rahmen einer stichprobenartigen Prüfung wird festgestellt, dass eine Losbildung entgegen § 2 EG Abs. 2 VOL/A 2009 (s. heute: §§ 97 Abs. 4 GWB und § 2 Abs. 4 der im Kommunalbereich noch nicht anwendbaren VgV) unterblieben war. Die Prüfbehörde sieht darin einen schweren Vergaberechtsverstoß und widerruft den Zuwendungsbescheid teilweise für die Vergangenheit. Zugleich fordert sie 25 Prozent der gewährten Zuwendungen zurück. Die hiergegen von G erhobene Klage wird vom Verwaltungsgericht abgewiesen. G beantragt daraufhin, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen.
Entscheidung
Der von G erhobene Einwand, der erhöhte Koordinierungsaufwand bei der Losbildung rechtfertige eine einheitliche Vergabe, greift nicht. Dieser erhöhte Aufwand sei einer Losbildung immanent und reiche daher als wirtschaftlicher Grund für die Zulässigkeit einer Gesamtvergabe nicht aus. Daran ändere auch nichts, dass es sich bei G um eine „kleine" Gemeinde handele. Es gäbe auch keinen allgemeinen Grundsatz, wonach die vergaberechtlichen Regelungen ab einer bestimmten Einwohnerzahl oder personellen Kapazität der Verwaltung keine Anwendung mehr fänden. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn die Vergabestelle im Vorfeld der Beschaffung eine konkrete Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit plausiblen Kostenabschätzungen der verschiedenen Vergabemodelle anstellte. Entsprechende Erwägungen müssten zudem nachprüfbar dokumentiert sein.
Praxishinweis und Anmerkung des DStGB
Die Entscheidung des VGH Bayern macht deutlich, dass Kommunen nicht nur das Gebot der losweisen Vergabe beachten müssen, sondern insgesamt auf den Zusammenhang zwischen Vergabeverstoß und möglicher Rückforderung von Zuwendungen achten müssen. Ein entsprechender Vergabeverstoß kann dem öffentlichen Auftraggeber daher teuer zu stehen kommen und oft auch über die 25 Prozent Rückforderung, wie im vorliegenden Fall, hinausgehen. Zudem droht die Rückzahlung von Zuwendungen noch zu einem Zeitpunkt, an dem das Vergabeverfahren schon lange abgeschlossen war.
Dennoch hat sich der DStGB stets dagegen gewandt, eine zwingende Koppelung zwischen einem Vergabeverstoß und der Rückforderung der Zuwendung auch dann zu machen, wenn der Verstoß keine negativen Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Vergabe hatte. Denn Sinn und Zweck des Zuwendungsrechts ist die sparsame und wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel. Insoweit ist aber die Schlussfolgerung, wonach „Vergaberecht stets zu mehr Wirtschaftlichkeit führt“, falsch. Dies wird etwa bei einer vergaberechtlich bei den formal strengen Verfahren verbotenen Preisnachverhandlung, die aber im Ergebnis zu einer wirtschaftlicheren Vergabe führen kann, deutlich. Hier wäre es zweifelhaft, eine Rückforderung von Zuschüssen geltend zu machen, obwohl im Ergebnis wirtschaftlicher vergeben worden ist. Der Vergabeverstoß müsste vielmehr durch andere Bieter beanstandet und ggf. in Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden. Kommunen sollten daher gerade bei erfolgten Zuwendungen immer darlegen und begründen, dass – trotz eventuell vorgekommener Vergabeverstöße – so eine wirtschaftliche Vergabe stattgefunden hat. Weiter kann es sich empfehlen, die einzelnen Verfahrens- und Vergabeschritte mit dem Zuwendungsgeber vorab abzustimmen.
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