BVerwG legt Urteilsbegründungen zu gewerblichen Sammlungen vor

In der ersten Entscheidung 7 C 4.15 stellt das BVerwG fest, dass es sich bei § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG um eine widerlegliche Vermutung handelt, die im Sinne der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 S. 1 AEUV gerechtfertigt ist. Bei Vorliegen eines hochwertigen kommunalen Systems ist – widerleglich – stets von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und der Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (örE) auszugehen. Bei der Prüfung ist ausschließlich auf die Auswirkungen auf die vom örE zu erzielenden Sammelmengen abzustellen, wirtschaftliche oder finanzielle Auswirkungen werden insofern nicht durch § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG erfasst, sondern über Nr. 2 (Gebührenstabilität). Die zuständige Behörde muss darlegen, dass die Entsorgungsstruktur des örE bedarfsgerecht auf die zu erwartende Sammelmenge zugeschnitten ist, wobei auch geplante Erfassungssysteme Berücksichtigung finden.

Bei den Auswirkungen der gewerblichen Sammlungen ist auf die Gesamtheit aller gewerblichen Sammlungen abzustellen, nicht auf die einzelne Sammlung. Ausgenommen sind solche Sammlungen, gegen die eine bestandskräftige Untersagung verfügt wurde. Die teilweise in der Rechtsprechung durchgeführte Betrachtung nach dem „Windhundprinzip“, die zeitlich isoliert einzelne Sammlungen betrachtete, folgt das BVerwG nicht. Es führt insoweit aus, dass die zeitliche Reihenfolge keinen rechtlichen Vorrang begründe.

Um die Regelung praxistauglich zu machen, führt das BVerwG eine sogenannte „Irrelevanzschwelle“ ein. Bei Holsystemen und bereits vorhandenen Erfassungssystemen gilt ab der Überschreitung von zehn Prozent die Regelvermutung, bei Bringsystemen und geplanten Systemen liegt diese Schwelle bei 15 Prozent. Die zuständige Behörde muss hier jedoch immer im Einzelfall entscheiden.

Bei der Beurteilung der maßgeblichen Leistungsfähigkeit im Rahmen der Rückausnahme gemäß § 17 Abs. 3 S. 4 KrWG stellt das BVerwG auf den einzelnen Sammler ab, nicht auf die Gesamtheit aller gewerblichen Sammler.

Aus kommunaler Sicht ist diese Entscheidung des BVerwG erfreulich. Sie beendet die etwa vom VG Düsseldorf und OVG Münster geforderte zweistufige Prüfung und vereinfacht die Rechtsanwendung. Nach Überschreiten der Irrelevanzschwelle von 10 oder 15 Prozent greift die Regelvermutung, so dass sich in der Folge alleine die Frage der Rechtsfolge stellt.

Mit seiner zweiten Entscheidung vom 30.06.2016 hat das BVerwG die Anforderungen an die Darlegung des Verwertungsweges reduziert. Hier bedarf es keiner abschließenden Kontrolle, es müssen lediglich angemessene Kontrollmöglichkeiten eröffnet sein. Das Darlegungserfordernis des Sammlers entfällt somit nicht. Auch zukünftig muss er seinen Verwertungsweg konkret darlegen.

Hier muss die Behörde im Einzelfall je nach Abfallmarkt und im Einzelnen bestehenden Verwertungswegen entscheiden. Es ist davon auszugehen, dass anders als im hier entschiedenen Fall eines Altmetallsammlers in anderen Abfallfraktionen strengere Anforderungen gelten können.

(Foto: © eyetronic - Fotolia.com)

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