Der Zustand des deutschen ÖPNV ist kein Zufall und kein Managementversagen, sondern vor allem das Resultat knapper Kassen. Schon heute werden die ÖPNV-Aufwendungen laut dem Gutachten des VDV nur noch zu rund einem Drittel durch Fahrgeldeinnahmen gedeckt – zwei Drittel steuern Bund, Länder und Kommunen bei. Konkret waren es laut VDV im Jahr 2024 etwa 26 Mrd. Euro an öffentlichen Mitteln, die nötig waren, um den Status quo zu finanzieren. Zugleich steigen die Kosten: Inflation, Energiepreise, Personalkosten – all das treibt die ÖPNV-Kosten nach oben. Das Gutachten umfasst neben der Bestandsaufnahme zwei Szenarien, mit denen die Politik durch dringend benötigte zusätzliche Mittel den ÖPNV sichern und weiterentwickeln kann.
Szenario 1 beschreibt die Modernisierung des Nahverkehrs. Der Fokus liegt auf der Bestandssicherung und Effizienzsteigerung. Der jährliche Mehrbedarf wird hierfür laut VDV auf 1,44 Mrd. Euro zusätzlich gegenüber dem Vorjahr eingeschätzt. Somit ergeben sich zusätzliche Gesamtkosten bis 2040 in Höhe von 49 Mrd. Euro.
Szenario 2 beschreibt ein bundesweites „Deutschlandangebot“, dass flächendeckend bessere Angebote mit neuen Linien, kürzeren Takten und verbesserter Erschließung ermöglicht. Der Mehrbedarf wird laut VDV auf 3,36 Mrd. Euro zusätzlich pro Jahr gegenüber dem Vorjahr geschätzt. Dies entspricht Gesamtkosten bis 2040 in Höhe von 80 Mrd. Euro.
Beide Szenarien schaffen hohe Standards bei Zuverlässigkeit, Sicherheit und Sauberkeit. Digitalisierung, Automatisierung, Fachkräftesicherung und emissionsfreie Antriebe sind zentrale Bausteine. Der geplante ÖPNV-Modernisierungspakt der Bundesregierung bietet ein geeignetes Format, um die langfristige Finanzierung über 2040 hinaus zu sichern.
Das vom VDV vorgelegte Gutachten ist aus Sicht des DStGB ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über die künftige Ausgestaltung und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Deutschland. Im Rahmen des Ausbau- und Modernisierungspakt der letzten Legislatur war es nicht gelungen, eine gemeinsame Haltung zum Finanzierungsbedarf zwischen, Bund, Ländern, Kommunen und Branche zu erreichen. Das neue Leistungskostengutachten macht nun unmissverständlich deutlich: Ein „Weiter so“ ist keine Option. Der Handlungsdruck vor Ort in den Kommunen und kommunalen Verkehrsunternehmen ist enorm, insbesondere vor dem Hintergrund der Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Erreichbarkeit und Qualität öffentlicher Mobilitätsangebote.
Aus kommunaler Sicht ist hervorzuheben, dass die finanziellen Beiträge der Städte, Kreise und Gemeinden zum ÖPNV in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind – sie haben sich nahezu verdoppelt. Trotz dieser enormen Anstrengungen stoßen viele Kommunen inzwischen an ihre finanziellen Grenzen. Angesichts knapper Haushalte und explodierender Kosten im Nahverkehr ist klar: Die Kommunen können keinen weiteren Aufwuchs der ÖPNV-Aufwendungen schultern und brauchen Unterstützung. Wichtig ist daher, dass zusätzliche Mittel auch dem kommunal getragenen ÖPNV zugutekommen und nicht nur dem SPNV.