Bürgerpartizipation fördern - Lokale Demokratie stärken

Bild: Stadt Arnsberg

Doch Kommunen wie Arnsberg setzen auf eine neue Strategie. Wie das Handelsblatt und die Welt berichteten, nutzt die Stadt die Hilfsbereitschaft ehrenamtlich engagierter Bürger, um aus der Not gewissermaßen eine Tugend zu machen. In der Bürgergesellschaft sieht Hans-Josef-Vogel, Bürgermeister der Stadt Arnsberg, erhebliches ungenutztes Potential, dass man erkennen und mobilisieren müsse, sagte Vogel dem Handelsblatt. Dann könne man auch in der Krisenzeit ungeheuer viel bewegen und gestalten. Bisher würden die Eliten die „Gestaltungsmacht von nebenan“ allerdings ignorieren.

Angesichts des geringer werdenden „klassischen Spielraums“ der Politik aufgrund der wegbrechenden finanziellen Mittel wird die Lokalpolitik zunehmend kreativ und zeigt andere Handlungswege auf. Themen wie „Engagement“ und „Gemeinsein“, „Aktivierung“ und „Bürgerhaushalte“ dominieren viele Sitzungen im Rathaus. Bundesweit stellen inzwischen über 140 Kommunen Bürgerhaushalte auf. Einwohner können vorschlagen, wie Geld ausgegeben oder eingespart werden soll. Vor kurzem hat Potsdam die Vorauswahl für seinen Bürgeretat beendet. Nun werden die 80 besten Ideen ausgewählt und dann davon ein Teil mit städtischen Mitteln finanziert. Auch Freiburg bittet seine Bürger um Vorschläge, in welchen Bereichen Einsparungen getroffen werden können. Essen wirbt mit dem Slogan „Raus aus den Schulden“ und versucht damit seine Bürger zu mobilisieren, um Hinweise zu erhalten, wie der Haushalt saniert werden kann.

Doch der Arnsberger Bürgermeister Vogel geht mit seiner Stadt weiter. Er will die Einwohner nicht nur nach ihren Wünschen fragen, sondern sie ebenso zu ehrenamtlichem Handeln aktivieren. Und die Strategie scheint aufzugehen. So lassen sich an der Ruth Cohn Schule in Arnsberg erste Erfolge vorweisen. Dort betreuen und unterstützen seit einiger Zeit Rentner die einzelnen Schüler. Derzeit wird gemeinsam überlegt, wie man gemeinsam Geld für ein bolivianisches Kinderhilfswerk verdienen könnte. An mittlerweile drei Realschulen unterrichten Schüler umgekehrt ältere Menschen in Englisch und zeigen ihnen, wie man mit Computern und Handys umgeht. Die Senioren lernen dabei, sich in der neuen Medienwelt besser zu bewegen, die Schüler wiederum üben freies Reden sowie „Lehren“ und bekommen am Ende dafür ein Ehrenamtszeugnis, das ihnen bei Bewerbungen hilft. Mehr als 400 Ehrenamtliche sind mittlerweile im städtischen Büro für Engagementförderung eingetragen. Die Stadt wirbt um die Helfer, unterstützt sie und bildet sie weiter, so dass „Joblotsen“ Berufseinsteigern und „Integrationslotsen“ neuen Migranten besser helfen können.

Dass Arnsberg damit beispielhaft voran geht, ist dem Weitblick der Stadtverwaltung zu verdanken. Bereits Mitte der Neunzigerjahre, als alle über den demografischen und wirtschaftlichen Wandel sprachen und dennoch kaum jemand handelte, haben in Arnsberg Stadtplaner, Verwaltungsleute und Sozialarbeiter gemeinsam überlegt, was zu tun ist. Die Stadt im oberen Ruhrtal ist ein schwieriges Konglomerat aus der Beamtenstadt Arnsberg (Sitz eines NRW-Regierungsbezirks), aus den beiden Industriestädten Neheim und Hüsten, wo die Leuchten- und Papierindustrie die Strukturprobleme erst allmählich überwindet, sowie aus kleinen Dörfern, die immer weniger landwirtschaftlich geprägt sind und immer mehr von Neubausiedlungen zehren.

Um all das zusammenzuhalten, um die Herausforderung der Demografie zu bewältigen und in der Stadt ohne Universität qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, gründete man eine Zukunftsagentur und setzte von Anfang an auf das Engagement der Bürger. 28 000 Briefe an alle Bewohner über 50 Jahren wurden damals verschickt, um herauszufinden, welche Potenziale sie haben, welche Sorgen sie drücken und wo sie sich engagieren würden. Die Rückmeldungen waren ein erster Schritt zum Massen-Engagement.

Die Stadt schuf mit einer eigens eingerichteten Fachstelle die notwendigen Strukturen in der Stadtverwaltung, um die Selbstständigkeit der Menschen organisieren zu können. Zusätzlich gibt es ein "Netzwerk Demenz", das für drei Jahre von der Robert-Bosch-Stiftung als Modellprojekt finanziert und ab 2011 von der Stadt inklusive Personal weitergeführt wird. Eine Bürgerstiftung wurde geschaffen, die viele Projekte bezuschusst. Zudem sorgt die Stadt für Verbindlichkeit, etwa wenn in den Bildungsauftrag der Kita „Kleine Strolche" das Thema „Alter“ als Lernziel geschrieben wird, sodass die Kontakte zum Altenheim gleichsam institutionalisiert sind.

Diese Umsetzung von Ideen und Visionen in Arnsberg verdeutlicht, dass Städte und Gemeinden durchaus über die Kraft und den Mut verfügen, Neues zu probieren und von ausgetreten Pfaden abzuweichen. Intelligente Ansätze können helfen die gegenwärtig schwierige Situation zu verbessern und wichtige Impulse liefern, um die Zukunftsfähigkeit der Kommunen zu stärken. Städte und Gemeinden müssen daher als bürgernächste Ebene in die Lage versetzt werden, sich auf zukünftige Herausforderungen vorbereiten zu können. Dabei sollten sie auf das Engagement und die Ideen der Bürgerinnen und Bürger bauen, sie einbinden und zur aktiven Mitarbeit mobilisieren. Es gilt, die Kommunen und die lokale Demokratie zu stärken und die vor Ort vorhandenen Potentiale zu nutzen.

Weitere Informationen:
Stadt Arnsberg
www.welt.de
www.handelsblatt.com

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