Fan Deiner Stadt?

(Eine Studie von Katharina Höll, Nicolas Krischker, Matthias Kurz und Achim Hoth. Hochschule der Medien WS 2012/13).

Facebook ist als Kommunikationsmittel aus unserer Zeit nicht mehr wegzudenken.  Aber welche Potenziale bietet es für örtliche Gemeinden und Städte?

Mit dem Aufkommen von Smartphones und der Möglichkeit, sich orten zu lassen und immer einen Fotoapparat parat zu haben, wurden auch lokale Aspekte für das Web bedeutend. Heutzutage gehört es für viele zur Gewohnheit, anderen Nutzern im sozialen Netzwerk Facebook ihren Standort mitzuteilen oder sich über das lokale Geschehen zu informieren. Aber auch viele Auswärtige, die aus verschiedenen Gründen fern der Heimat sind, etwa durch Beruf oder Studium, wollen auf dem Laufenden bleiben und wissen, was vor Ort passiert.

Zunehmend wird auch interessant, was vor der eigenen Haustür passiert.

Laut der aktuellen ARD/ZDF Online-Studie 2012 suchen Nutzer immer häufiger in den neuen Medien nach Nachrichten und Informationen aus ihrer Region. Nebst der breiten Informationsflut über aktuelle interregionale Ereignisse, wird zunehmend auch interessant, was vor der eigenen Haustür passiert. Weitere Trends im Internet sind die immer stärker werdende Vernetzung der User und die Kommunikation untereinander. Facebook spielt hier eine große Vorreiterrolle und steht als Synonym für das sogenannte Social Web. Menschen mit ähnlichen Interessen finden hier zueinander oder werden Fan einer Gruppierung oder eines Unternehmens, um sich zu informieren und auszutauschen. Immer mehr Organisatoren sind daher auf Facebook vertreten, um mit ihren Nutzern in Kontakt zu treten. Auch für Städte und Gemeinden ist es nicht abwegig, diese Form der Kommunikation zu nutzen und dort präsent zu sein, wo User dies auch zunehmend erwarten.

Der Umgang mit den neuen Medien bringt für die Städte sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. So wird der Dialog mit den Bürgern ins Netz, also in die digitale Öffentlichkeit verlagert. Charakteristisch für die Kommunikation im Web 2.0 ist die Interaktivität. Der direkte weltweite Kontakt zu Personen und der wechselseitige Austausch, sind für viele Gemeindemitarbeiter Neuland. Zudem trägt die Berichterstattung in den Medien dazu bei, dass bei vielen Menschen die Skepsis gegenüber dem Social Web anhält.

Trotz dieser Herausforderungen, haben auch Städte ein immer größer werdendes Interesse daran, auf Facebook präsent zu sein. Ob und wie sie das tun, war Gegenstand dieser Untersuchung. Dabei wurden im Zeitraum von Anfang Oktober 2012 bis Mitte Januar 2013 die 92 großen Kreisstädte in Baden-Württemberg auf ihre Aktivitäten in Facebook analysiert. Große Kreisstädte boten deshalb einen geeigneten Untersuchungsgegenstand, da diese gegenüber kleineren Gemeinden über eine höhere Kapazität verfügen und eventuell neuen Kommunikationsformen gegenüber aufgeschlossener sind. Große Metropolen und Städte sind meist Vorreiter in solchen Themen und wurden daher nicht berücksichtigt.

Aufgefallen ist, dass bereits eine Vielzahl der Städte eine Facebook-Seite betreiben.

Untersucht wurden neben der Anzahl der Fans, auch die Aktivität der Seite, sowohl vonseiten des Anbieters, als auch vonseiten der Fans. Auch Aspekte wie die Interaktion, sowie die Inhalte der Seite wurden im Rahmen der Analyse näher betrachtet. All dies sind Kriterien, die eine Facebook-Präsenz ausmachen und die einen Aufschluss über das ausgereizte Potenzial des neuen Mediums geben. Aufgefallen ist, dass bereits eine Vielzahl der Städte (48 Prozent) eine Facebook-Seite betreiben.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass knapp 52 Prozent der Städte noch keine Facebook-Seite, oder nur einen inoffiziellen Auftritt (etwa von Bürgern betrieben) besitzen. Jedoch ist dieses Ergebnis aufgrund der Neuheit des Mediums für diesen Sektor nicht überraschend.

Wenn man die Entstehung der Facebook-Präsenzen näher betrachtet, fällt auf, dass die Mehrzahl der Städte im Jahr 2011 (in diesem Jahr verzeichneten wir 20 Neuanmeldungen) dem sozialen Netzwerk beigetreten ist. Dabei zeigt sich in der Entwicklung von 2008 bis 2012, das dies die Spitze war. Im Jahr 2012 etwa, folgten nur noch sechs Städte. Für viele war wohl 2011 das Jahr, in welchem Facebook ins Bewusstsein gerückt ist. Der Hype ist mittlerweile aber abgeklungen und es ziehen noch einzelne Städte nach, die bisher noch nicht in Facebook aktiv waren. Vorreiter ist die Stadt Wangen, die bereits 2008 ihre Seite ins Leben gerufen hat.

Nur bei 27 Prozent der großen Kreisstädte ist offensichtlich, wer Inhaber der Seite ist.

Obwohl innerhalb von zwei bis drei Jahren die meisten Städte eine Facebook-Seite starteten, sind dennoch große Unterschiede in Bezug auf die Professionalität dieser feststellbar. So reicht das Spektrum von der einfachen Veröffentlichung von Pressemitteilungen, bis hin zur liebevollen, pfiffigen Betreuung und Kommunikation mit den Fans. Dies mag unterschiedliche Gründe haben: Sei es Unwissenheit über den Umgang mit dem neuen Medium, die übergestülpte Verantwortung der neuen Kommunikationsform für einzelne Mitarbeiter oder bei positiven Beispielen, die strategisch vorbereitete, konzeptionell ausgearbeitete Vorgehensweise bei Start und Betrieb der Präsenz. Für den außenstehenden Nutzer sind diese Gründe jedoch zweitrangig. Wenn man sich als Stadt oder Gemeinde für eine Facebook-Präsenz entscheidet, muss diese auch langfristig und kontinuierlich betrieben werden. Wenn die Zeit oder die Kapazität für eine permanente Betreuung der Seite nicht vorhanden ist, sollte der Schritt ins Social Web besser nicht getan werden.

Des Weiteren haben wir beobachtet, dass viele Präsenzen unter mangelnder Transparenz leiden. Nur bei 27 Prozent der großen Kreisstädte ist offensichtlich, wer Inhaber der Seite ist. Natürlich spielen hier Datenschutz-Bedenken einzelner Mitarbeiter eine Rolle. Aber auch die Inhaberposition, ob die Stadt selbst, das Stadtmarketing oder eine andere städtische Institution, ist meist nicht erkennbar. Dies wirkt sich teilweise auf das Vertrauen der Fans aus, da diese eine intensivere Verbindung zur Fan-Seite herstellen können, wenn sie wissen, mit wem kommuniziert wird. Als positives Beispiel in Sachen Transparenz ist hier der Facebook-Auftritt der Stadt Reutlingen zu nennen. Unter dem Reiter „Team“ stellen sich die einzelnen Mitarbeiter der Seite vor. Außerdem haben User die Möglichkeit, sich über ein Kontaktformular mit den Betreuern in Verbindung zu setzen.

Das Ziel sollte eine solide Fanbasis sein, mit der kommuniziert wird und eine gewisse Interaktivität herrscht.

Dass sich die Seiten in vielerlei Hinsicht stark voneinander unterscheiden, zeigt sich auch in den Fanzahlen. Die Bandbreite reicht bei den von uns untersuchten Seiten von 8 Fans bis hin zu  5981. Natürlich ist eine große Anzahl an Fans eine Freude für die Betreiber der Seite. Jedoch sollte diese Zahl nur bedingt als Qualitätskriterium herangezogen werden, da Quantität nicht der ausschlaggebende Faktor ist. Das Ziel sollte stattdessen eine solide Fanbasis sein, mit der kommuniziert wird und eine gewisse Interaktivität herrscht. Dies bietet Vorteile im Vergleich zu einer großen anonymen Masse, die mit Botschaften kaum erreicht werden kann. Auch die Einwohnerzahl einer Stadt, spielt hinsichtlich der Fanzahl eine entscheidende Rolle: Ist die Stadt bei Externen, wie  etwa bei Touristen oder Kurgästen beliebt, wirkt sich dies auch auf die Fanzahl aus.

Um die Qualität einer Seite zu bewerten, ist vor allem die Interaktivität mit den Nutzern von großer Bedeutung. Dabei spielt sowohl die Anzahl der Posts, als auch deren Inhalt eine wichtige Rolle. Im Untersuchungszeitraum von etwa drei Wochen, lag der Durchschnitt bei etwa 12 Posts auf den Facebook-Seiten der Kreisstädte, das entspricht etwa einem Post pro Tag. Zu den „Top 3 der aktivsten Städte“ (innerhalb des Untersuchungszeitraums) gehören Weinheim mit 51 Posts, Ettlingen mit 34 Posts und Villingen-Schwenningen mit 32 Posts. Doch nicht jeder Post ist gleich. Der Anteil der interaktiven Meldungen, bei denen die User miteinbezogen werden, war ernüchternd gering: Lediglich 3,1 Prozent von insgesamt 514 Posts verfolgten den Zweck, mit den Fans in einen Dialog zu treten. Dies kann in Form von Mitmach-Aktionen (wie zum Beispiel Foto-Wettbewerben) oder Fragen, die an die Fan-Community gestellt werden, geschehen. Wie am prozentualen Anteil der dialogorientierter Posts zu sehen ist, gehören diese eher zur Ausnahme. Weitere Informationen, die auf den Facebook-Seiten der Städte veröffentlicht werden, sind unter anderem Veranstaltungshinweise, Verkehrsnachrichten, aktuelle Nachrichten aus der Region, Fotos, Neuigkeiten aus der Stadtverwaltung oder Hinweise zu attraktiven Ausflugszielen in der Umgebung.

Über ein Viertel der untersuchten Städte haben eine inoffizielle Fan-Seite.

Etwa die Hälfte der untersuchten Städte besitzt keinen, oder zumindest keinen offiziellen, Facebookauftritt (52%). Interessant ist hierbei jedoch die Tatsache, dass über ein Viertel der untersuchten Städte anstelle dessen durch einen inoffiziellen Facebook-Auftritt in Form einer Fan-Seite vertreten sind. Gerade in Zeiten, in denen der Wunsch nach lokaler Zugehörigkeit im Netz zunimmt, besteht hier ein Bedürfnis, das von Seiten der Städte bisher oftmals nicht gedeckt wird.

MxeL

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