Studie zur Finanzierung der  Flüchtlingspolitik

Ende Februar 2016 veröffentlichte die Robert Bosch Stiftung eine beim Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo) in Auftrag gegebene Studie zur „Finanzierung der Flüchtlingspolitik – Für eine ausgewogene Finanzierung der Flüchtlingsleistungen bei Bund, Ländern und Kommunen“. Die Studie skizziert die verschiedenen Phasen des Asylprozesses (Einreise, Asylentscheid, Niederlassung bzw. Ausreise) und geht dabei insbesondere auf die verschiedenen staatlichen Leistungen (u. a. Leistungen nach AsylbLG, SGB II, SGB XII, Kinderbetreuung) ein. Demnach seien die häufig in der Presse genannten zusätzlichen Ausgaben für Flüchtlinge, die längerfristig in Deutschland bleiben, in Höhe von rund 12.000 Euro durchaus realistisch. Nach Berechnungen des FiFo belaufen sich die geschätzten jährlichen staatlichen Ausgaben für Asylbewerber (inkl. Bildungsaufschlag) auf 12.756 Euro. Die Ausgaben für SGB II-Empfänger liegen bei 12.276 Euro und die eines „normalen“ Einwohners bei 12.219 Euro. Angemerkt sei, dass es sich hierbei um äußerst grobe Schätzungen handelt und zudem nur die reine Ausgaben-, aber nicht die Einnahmenseite (Einkommenssteuer, Umsatzsteuer etc.).

Explizit geht die Studie auch auf die Kosten der Bildung (Kita, Schule etc.) ein. Für die Kindertagesbetreuung hatten die Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe auf das Jahr 2013 hochgerechnet pro Kind Ausgaben in Höhe von 6.864 Euro. Unter der Annahme von 800.000 Flüchtlingen jährlich und das davon rund 14 Prozent jünger als sieben Jahre wären, würden sich die geschätzten Mehrausgaben auf 773,4 Mio. Euro belaufen, sofern alle Kinder Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen würden. Für allgemeinbildende und berufliche Schulen wurden nach vorläufigen Ergebnissen für 2013 jährlich 5.534 Euro je Schüler verausgabt. Das FiFo kalkuliert hier mit 193.00 Flüchtlingen im entsprechenden Altersbereich (bei jährlich 800.000 Flüchtlingen), wonach mit jährlichen zusätzlichen Kosten von rund 1,07 Mrd. Euro zu rechnen sei. Nicht berücksichtigt wird bei diesen Zahlen allerdings der zusätzliche Integrationsbedarf mit damit einhergehenden Maßnahmen (kleinere Gruppen bzw. Klassen, gesonderter Sprachunterricht etc.).

Genauer betrachtet wird weiter die jeweilige Finanzierung der Flüchtlingsleistungen durch die staatlichen Ebenen und eine leistungsfähige Finanzierungsverteilung im Mehrebenensystem. Die Studie schließt mit kurz-, mittel- und langfristigen Handlungsempfehlungen und Reformvorschlägen. Unter anderem wird dabei dafür plädiert, dass die Finanzmittel der Bundesbeteiligung an den Flüchtlingskosten den Ländern nicht über Umsatzsteueranteile, sondern über den Königsteiner Schlüssel beziehungsweise der tatsächlichen regionalen Verteilung der Flüchtlinge entsprechend zukommen sollten (die ostdeutschen Bundesländer erhalten zum Beispiel nach derzeitiger Regelung im Durchschnitt 5 Prozent weniger, als ihnen aufgrund der Anzahl aufgenommener Asylbewerber zustehen würde, wiederum vorausgesetzt, dass die Asylbewerber auch im zugewiesenen Bundesland verbleiben). Langfristig wird auch eine Verfassungsreform zur direkten Finanzierung von bundesgesetzlich geregelten kommunalen Sozialleistungen (insb. die für anerkannte Flüchtlinge relevanten SGB II-Leistungen) angeregt („Vertikalisierung mit dem Aufzug“).

Ebenfalls langfristig wird als zumindest diskussionswürdig die Gründung einer Bundes-SGB-Agentur zur Erbringung der bundesgesetzlich geregelten lokalen Sozialleistungen (ähnlich der Agentur für Arbeit) vorgeschlagen, damit die Kommunen nicht mehr Vollzieher und vor allem auch partieller Finanzier von Bundesgesetzen seien, sondern sich wieder verstärkt der Daseinsvorsorge und der lokalen Infrastruktur widmen können. Eine Finanzierung der zusätzlichen Flüchtlingskosten über neue Schulden wird abgelehnt, vielmehr müssten bei entsprechender Notwendigkeit die Steuern erhöht werden. Zur stärkeren Einbeziehung der europäischen Ebene wird in der Studie ausdrücklich der Schäuble-Vorschlag zur Einführung einer europäischen Benzinsteuer begrüßt.

Abrufbar ist die Studie unter anderem auf der Internetseite der Robert Bosch Stiftung unter www.bosch-stiftung.de oder unten als PDF-Dokument.

Download:

(Foto: © Robert Kneschke - Fotolia.com)

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